Dienstag, 25. August 2015

Tag 65 Auskranen und abwaschen

Leider ist es verboten an Bord der trocken stehenden Schiffe zu schlafen und so bin ich genötigt mir ein Zimmer hier im Hafen zu nehmen. Ich bemühe mich alles nötige vor dem Krantermin von Bord zu schaffen, denn steht das Schiff erst einmal auf dem Bock müssen alle Sachen über die Badeleiter hinabbefördert werden. Das ist natülich ungleich mehr Arbeit.
Das Kranen verläuft routiniert und unspektakulär. Der einzige, der Aufgeregt hin und her läuft, bin ich. Un dann ist es soweit: die Illub hängt in der Luft und ich kann zum ersten mal unter den Rupf gucken. Gar nicht so schlecht! Eine tüchtige Schicht Seepocken besiedelt den Rumpf aber es sieht alles in Allem sehr gut aus. Das schöne ist, dass ich bei dem ganzen Vorgang aktiv dabei sein kann. Ich hake die Lastengurte ein und aus, helfe beim Halten der schwebenden Illub gegen den Wind und Klariere Leinen. Am Ende darf ich sogar auf der Radkappe vom Transporttrecker mitfahren. Wie ein Kind auf dem Bauernhof. Gleichzeitig mit mir wird die Aphrodite von Wilhelm und Wiebke aus den Niederlanden gekrant. Die sind zwar beide doppelt so alt wie ich aber wir werden sofort Freunde. Hinzu kommt, dass sie das Zimmer gegenüber von meinem bewohnen und so sind wir gleich eine WG geworden.
Mir einem Spachtel mache ich mich daran die Seepocken ab zu kratzen bevor die Illub gekärchert wird. Anschließend sieht sie richtig frisch aus. Es kommt zwar einiges an Farbe ab, was auch so sein soll bei selbsterodierenden Antifoulings, doch am Ende sieht sie immer noch schön Rot von unten aus :-)
Das war mal wieder ganz schön anstrengend und aufregend. Ich ziehe mich zurück in mein Zimmer und lese in meinem SiFi Roman. Im Bett! Das zweite Bett auf dieser Reise. Eins in Jever und jetzt hier. Es geht wirklich zu Ende. Ein komisches Gefühl.

















Montag, 24. August 2015

Tag 64 Die Illub zieht die Segel aus

Ychtservice Schreiber auf der Rader Insel. Ein kleiner und familiärer Bertieb. Mein Kranführer heißt Kay Sörensen und das kling für mich auch sehr familiär (mein Bruder heißt Sören). Ich mache einen Vertrag für das Winterlager, das Kranen, Kärchern und den Transport über das Gelände. Beim Preisvergleich stellt sich das Außenlager als halb so teuer wie die unbeheizte Halle heraus, somit ist klar was ich mache.
Ich trockne die Segel und verpacke sie ordentlich gefaltet in Seesäcke. Die Backskisten werden ausgeräumt, getrocknet und geordnet, das Schiff von außen gewaschen. Um 16:00h treffe ich mit dem Sörensen am Kran um den Mast, nach Feierabend und unter der Hand, flach zu legen. Ursprünglich wollte ich das in alt bewährter Muskelkraft-Manier machen aber so ein Kran erleichtert die Sache erheblich und nimmt einiges an Adrenalin aus der Geschichte. Auch gut. Zeit etwas runter zu kommen.

Damit habe ich genug getan, wie ich finde und genieße den Rest der untergehenden Sonne im Hafenbecken. Morgen um 9:30h kommt die Illub aus dem Wasser.



Sonntag, 23. August 2015

Tag 63 Abschlusstörn und sinkendes Schiff

Zeit weiter zu fahren. Es ist Sonntag und Inga muss zurück nach Münster. Es ist Sonntag und ich muss weiter in Richtung NOK (Nord-Ostsee-Kanal). Immerhin habe ich dort am Dienstag einen Krantermin für die Illub auf der Rader Insel bei Rendsburg. Unser Frühstück zieht sich aber in die Länge. Obwohl wir fast ununterbrochen gequatscht haben seit Inga an Bord ist, bleiben doch noch viele wichtige Gedanken zum Leben, der Arbeit, persönlicher Einstellung und Gefühlen die unbedingt geäußert werden müssen. So ist das eben wenn zwei Therapeuten und Hobby-Psychologen sich selten sehen. Auch 29 Stunden nonstop Gequatsche auf einem Segelboot reichen nicht aus um alles los zu werden !-)
Irgendwann haben wir es dann aber doch geschafft und ich bin bereit um 13:00h auszulaufen. Ich will in die Kieler Förde bis zur Schleuse Holtenau und dort übernachten. Der Wind bläst kräftig wieder irgenwo zwischen 5-7Bf, je nachdem welche Messstation abgefragt wird. Ich bin ein bisschen aufgeregt, mache mich aber wacker auf. Soll ich nochmal über An- und Ablegenmanöver sprechen?!? Es klappt immer öfter und lässt mich in zwischen auf immer mehr kalt – ha!
Draußen ist es wirklich windig und die Wellen lassen sich auch sehen. Immer wieder brechen diese und wenn das Timing mit der Illub stimmt, dann bekomme ich eine ganze Badewanne voll ins Cockpit. Dann kracht es und ich kann sehen wie das Wasser im hohen Bogen auf mich zu kommt. Meine Reaktion besteht meist darin mein Gesicht mit dem Arm zu schützen und eine kalte Schulter zu zeigen. Natürlich werde ich trotzdem nass und meine Brille ist bald auch keine Sehhilfe mehr, zu viel Salz und Wasserflecken. Egal! Ich singe „Abschlusstörn Abschlusstörn Abschlusstörn“ und freue mich noch einmal so richtig Fahrt zu machen und gegen die Wellen anzubolzen! Ach ja, der Sommer geht zu Ende. Jetzt wird mir das so richtig klar. Wenn ich erstmal im Kanal bin, sehe ich das Meer mit meiner Illub so schnell nicht wieder. Obwohl ich inzwischen „satt“ geworden bin, was das Segeln angehet und gerne nach Hause fahre, bin ich ein wenig traurig. Aber nur ein bisschen denn es wird noch mal spannend. Ich habe den Ehrgeiz auf einem Bug, also ohne zu Wenden, bis in die Kieler Förde zu gelangen. Das ist bei derzeitiger Windrichtung und dem Wellengang nicht ganz einfach und erfordert Konzentration um maximale höhe zu laufen. Am „Eingang“ der Förde schrappe ich nur knapp unter Land vorbei und starte sogar meine Machiene für Notfälle. Es steht extra ein kleiner Leuchtturm auf der Landspitze, da Untiefen und Steine auf dem Meeresboden weit ins Wasser hinaus gehen. Meine Karte verspricht mir sicheres durchkommen und ich lasse es drauf ankommen! Im Nachinein vielleicht ein bisschen riskant, denn mein Tiefenmesser zeigt mit 2,1m Wassertiefe. Die Illub ist 1,2m Tief aber der Tiefenmesser hat auch schon Quatsch angezeigt... In voller Fahr rausche ich drüber weg und bin dann glücklich in der Kieler Förde angekommen und kann den Motor wieder abstellen.
Als ich die Schleuse erreiche mache ich den Funk an und höre mal was gerade los ist. Vor den Toren wartet schon eine andere Yacht, die ich auch noch besser kennen lernen werde. Eigentlich hatte ich vor hier Schluß zu machen und erst am Folgetag weiter zu Fahren aber die Schleuse wird sich in 15 Minuten für Sportboote öffnen und ich hätte auch noch die Zeit um bis zur Rader Insel durch zu fahren. Lets do it!
Die Schleusentoore öffnen sich und zwei Containerriesen verlassen die Kammer. Über Funk kommt die Aufforderung zügig einzufahren. Diesmal bin ich der erste der festmacht, dann kommt die andere Yacht, die schon vor mir gewartet hat und dann noch zwei weitere Schiffe. Eines davon ist locker 16m lang, wunderschön und wird von einem Rentnerpaar gesegelt. Die haben aber ein großes Problem bei dem starken Wind von hinten fest zu machen und drohen umzuschlagen. Ich kenne das ja noch aus meinen ersten Schleusenerfahrungen allerdings ist so ein großes Schiff ein größeres Problem wenn es außer Kontrolle gerät. Zu dritt schaffen wir es aber das Schiff ordentlich fest zu machen.
Nach dem Bezahlen der Schleuse stelle ich mit Schrecken fest, dass meine Bodenbretter Schwimmen. Ich sinke! Sofort fange ich an zu Lenzen (Pumpen) und überlege woher das Wasser kommen könnte. Ich habe schon lange nicht mehr gelenzt und etwas Wasser kommt immer durch die undichten Backskisten, dann tropft noch mein Kühlwasser aber reicht das schon für so viel?!? Mein Nachbar kommt und wir Quatschen ein bisschen während ich mein Schiff leer pumpe. Dann erklingt die Sirene, die besagt dass das Tor sich öffnet und wir weiter Fahren sollen. Draußen warten schon die nächsten Berufsschiffe und wir sind zur Eile angehalten. Ein Blick in die Kajüte und meine Bodenbretter schwimmen schon wieder! Ich sinke wirklich!!! Also Lenzen und aus der Schleuseneinfahrt manövrieren. Mein Nachbar bekommt mit, dass ich immer noch Probleme habe und bleibt in Rufweite. Ich beauftrage meinen Autopiloten und begebe mich unter Deck. Die Seeventile sind geschlossen und dich, im Mototrraum... ist alles Nass! Der Frostproppen, über dessen Funktion ich erst eine Woche zuvor in Maasholm gelernt hatte, ist durchgerostet. Ein Daumengroßes Loch ist in meinem Motor aus dem das Kühlwasser in Abhängigkeit von den Drehzahlen in mein Schiff gepumpt wird. Ich muss schnell wieder hoch zum Lenzen und schaune, dass ich keine Kollision verursache, denn ich bin immer noch in Bewegung und immer noch in einem Gebiet mit viel Verkehr...
Ich erkläre meinem Nachbar was los ist und er bietet an in meiner Nähe zu bleiben. Das beruhigt mich! Wenn ich den Motor abstellte, käme kein Wasser in mein Schiff. Es ist aber verboten auf dem NOK zu segeln und bei Dunkelheit darf ein Sportboot auch nicht mehr unter Wegs sein. Jetzt ist es 18:00h und ich habe noch ca. 12sm vor mir – also 2,5 Stunden bei Marschfahrt.
Der Abend ist herrlich sonnig und mild aber aus der gemütlichen Kanalfahrt wird nichts! Ständig muss ich lenzen. Wenn ich pinkeln war steht das Wasser wieder bis unter die Bodenbretter. Damit ich weniger Drehzahlen benötige und trotzdem noch voran komme, benutze ich zusätzlich die Genoa. Freundlicherweise kommt der Wind immer noch von Osten, so dass ich problemlos Motorsegeln kann. Leider ist der Wind böig und gibt mir mal 2 Knoten extra Fahrt und mal muss ich das Segel hin und her nehmen um überhaupt einen Effekt zu haben. Dazu kommt noch das kontinuierliche Lenzen, die Containerriesen und gelegentliche Fähren, die meinen Weg kreuzen. Der Vorteil ist, ich habe immer zu tun und die Zeit vergeht wie im Flug!
Mein Begleiter fährt noch einen Hafen weiter. Ich nutze aber die Chance mich mit einer KlangFu CD bei ihm für seinen Geleitschutz zu bedanken. Das hat die ganze Situation sehr entspannt. Wäre irgendetwas schief gegangen hätte ich nur nach Hinten Winken müssen und er wäre zum Abschleppen bereit gewesen. Vielen herzlichen Dank dafür!
Im Allgemeinen kann man aber über die Segler sagen, dass alle hilfsbereit sind und man sich auf seine Nachbarn verlassen kann. Klar das auch gelästert wird, aber davon habe ich wenig mitbekommen und im Ernstfall wird nicht gefragt sondern tatkräftig geholfen. Zum Glück ist das auch ein Stück Realität der Gegenwart. Die Nachrichten lassen einen ja manchmal glauben, dass es keine Menschlichkeit, keine Hilfsbereitschaft und Selbstlosikeit mehr auf der Welt gibt. Unter den Seglern ist das zumindest nicht so und das tut gut mal zu erfahren.
Ganz im Stile von Captain Jack Sparrow komme ich mit meinem sinkenden Schiff auf der Rader Insel an und kann erleichtert festmachen (natürlich werde ich von anderen Seglern empfangen und man Hilft mir (unnötigerweise;) beim Anlegen).
Es dauert noch eine ganze Weile biss ich ich so weit aufgeräumt und gewischt habe, dass ich einigermaßen trocken schlafen kann. Das viele Kühlwasser ist nämlich nicht nur in die Kajüte gespritzt, sondern auch auf dem Motorblock verdampft und hat alles in ein Dampfbad verwandelt. Aber egal ich habe es geschafft! Hier kommt das Schiff aus dem Wasser und ich kann mich bei Gelegnheit um alles kümmern.
Schlafen ist jetzt das Wichtigste – halt! Eben noch bei meiner liebsten Sarah anrufen und sagen, dass ich sicher durch den Wind gekommen bin. Den Rest der Story erzähle ich morgen lieber...




 Aschlusstörn, Abschlusstörn!



Das Leck im Motorblock


In ca. 3min. läuft die Bilge bei Vollgas voll!

Die Motorwärme und das mechanische zerstäuben des Wassers verwandeln das Interieur der Illub in ein Dampfbad


Mein freundlicher Begleiter aus der Schleuse. Vielen Dank für die Sicherheit eines Verbündeten, der mich abschleppen könnte, auf dieser Abenteuerfahrt!

Trotz allem eine schöne Fahrt :-)












Samstag, 22. August 2015

Tag 62 Eine entspannte Rückfahrt

Am Morgen bin ich entsprechend früh wach und mache Kaffe und Brötchen. Inga bekommt das zwar mit, wie ich glaube, ist aber noch nicht bereit um wirklich aufzustehen. Ich muss an dieser Stelle lobend erwähnen, dass nicht viele Neulinge solch einen Seegang mitgemacht hätten ohne zu kotzen, zu heulen und nie wieder auf ein Schiff zu wollen. Selbst mir war es zeitweise etwas mulmig – aber der Anker hat ja gehalten!
Ich mache das Schiff klar zum Anker-auf gehen und wir fahren bei lockeren 3Bf wieder zurück nach Damp. Dieses mal haben wir raumen Wind, also von Hinten, und fahren mit schönen 5-6 Knoten rauschend unserem Ziel entgegen. Das erreichen wir auch gegen 14:00h, statt 17:00h wie abends zuvor gedacht. Inga ist nicht böse drum ;-)

Wir versüßen uns den Nachmittag mit ein bis zwei Bieren, ein wenig FastFood und schauen Bands beim Soundcheck zu. Es herrlich sonnig und man hat so ein richtiges Urlaubsgefühl. Inga wird uns heute bekochen und geht Einkaufen. Ich mache Klarschiff. Nach dem Essen wollen wir rüber zum Konzert, fangen aber doch noch eine kleine Lese-Session an über die ich tief und fest einschlafe. So ist Inga genötigt alleine zum Konzert zu gehen. Irgendwann wandele ich schlaftrunken vom Cockpit in meine Koje und später kommt Inga und redet sogar noch mit mir. Ich weiß davon nicht mehr viel, die Fahrerei und Ankerwache war wohl doch etwas anstrengend...  



Freitag, 21. August 2015

Tag 61 Eine letzte Besucherin auf der Illub

„Um Neun Laufen wir aus“ habe ich gestern gesagt und tatsächlich, um 9:00h laufen wir aus. Der Plan ist es nach Bagenkop in Dänemark zu fahren. Das sind 25sm über die Kieler Bucht zur Insel Langeland. Leider ist der Wind sehr schwach und dreht auch noch. So wird aus meinem geraden Kurs über die Bucht eine Kurve und wir enden auf Ærø. Weil ich da aber schon einmal mit meinem Vater im Hafen von Marstal war und nicht so gerne doppelt Station machen will entschließen wir uns zu Ankern. Den ganzen Tag hat beinahe kein Wind geherrscht und so sind wir geneigt das auch für die kommende Nacht anzunehmen. Mein Wetterbericht von heute Morgen hat für diesen und den kommenden Tag quasi das gleiche Wetter vorhergesagt. Deshalb nehme ich auch in Kauf, dass wir nicht in einer gut geschützten leeseitigen Bucht einer Insel vor Anker gehen, sondern einfach vor der Küste in Luv (Luv = da wo der Wind herkommt im Gegensatz zu Lee = Windschattenseite). Kaum haben wir in Ruhe zu Abend gegessen, da briest es auf und das Schiff fängt an zu schaukeln. Zunächst mäßig. Ich frage Inga und ihre Befindlichkeit ab und wir besprechen ob wir bleiben wollen oder Marstal ansteuern wollen. Inga ist aber entschlossen zu bleiben: „Ich habe mir Torsten, sein Schiff und das Meer für dieses Wochenende vorgestellt, dass man so viel in Häfen übernachtet war mir gar nicht klar.“ Also bleiben wir geankert.
Wir holen Decken und Kissen ins Cockpit und kuscheln uns ein. Inga nimmt sich bei zunehmender Dunkelheit und Schaukelei noch die Schwimmweste und einen Tampen zum Festhalten. Auch die nahe Küste ist Ihr ein Wichtiger Trostspender. Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass so viele Schiffsneulinge ans Kentern und an-Land-Schwimmen denken. In den meisten Fällen ist beides total unrealistisch. Kentern können Segelyachten wie meine Illub nur unter ganz speziellen, seltenen und künstlich forcierten Bedingungen. Und an-Land-Schwimmen ist beinahe immer zu weit, so dass man auf dem Weg Probleme mit Unterkühlung bekommt. Dann hilft zwar eine Schwimmweste, das man nicht unter geht aber an Land kommen tut man auch nicht mehr. Der Tampen zum Festhalten war aber eine gute Idee und ich denke mehrfach drüber nach mir auch einen zu besorgen. Hin und wieder schaukelt das Schiff nicht nur einfach wüst hin und her sondern ändert plötzlich und gewalttätig seine Richtung, so dass man von der Bank geschmissen wird. Ich glaube wir beide verbringen die ganze Nacht nur im Halbschlaf, müssen uns immer wieder festhalten und haben mit unseren Sorgen und Ängsten zu tun. Inga fürchtet das wir doch kentern könnten und ich habe Angst dass der Wind und die Wellen so weit zunehmen, das mein kleiner Anker uns nicht mehr hält. Dann müsste ich Anker-Auf gehen und fahren. Im Dunklen Meer mitten in der Nacht ein furchteinflößender Gedanke!
Um jetzt nicht als fahrlässiger Skipper dar zu stehen, der einfach aus einer Laune heraus an einem ungeschützten Ankerplatz ankert und dazu noch nicht mal einen aktuellen Wetterbericht hat, muss ich folgende Punkte erwähnen:
- ich kannte die Gegend
- der Hafen von Marstal ist 45min unter Motor entfernt
- die Fahrrinne zum Hafen ist zwar schmal aber meine GPS Geräte sehr gut
- ich könnte der gespeicherten Route in den Hafen von Tag51 genau nachfahren
- es gibt ein Leitfeuer für die Hafeneinfahrt

Das ändert nichts daran, dass ich Blut und Wasser geschwitzt hätte, ABER es wäre trotzdem sicher gewesen!
Zum Glück hält mein Anker und wir werden nur geschüttelt und schlafen nicht so tief...



Damp






Die Küste von Ærø vor der wir Ankern.


Donnerstag, 20. August 2015

Tag 60 Der letzte Besuch auf der Illub

Damp, dieses Ballermann der Ostsee, ist aber auch ganz gut aufgestellt für Segler, die sich neu Verproviantieren müssen. Ich frühstücke beim Bäcker, gehe danach Einkaufen, Tanke Wasser und Diesel in mein Schiff und kann Müll entsorgen. Alles im Umkreis von 100 Metern!
Nachdem das Schiff wieder ordentlich ist gibt es für mich nicht mehr viel zu tun, deshalb stromer ich ein wenig am Strand herum und verbringe den Rest des Tages mit lesen.
Gegen 19:00h ist es dann soweit. Mein letzter Besuch kommt. Ich gehe Inga im Hafen entgegen und nach ausgiebiger gegenseitiger Begrüßung und Begutachtung meines Bartes Ihrerseits, machen wir uns dran das Auto endgültig zu Parken und Inga ein Plätzchen auf der Illub zu geben.
Im Cockpit geht der Abend mit Wein und Käse, Brötchen und Couscoussalat und viel erzählen zu Ende.


Mittwoch, 19. August 2015

Tag 59 Krankentransport

Die „Najade“ ist schon weg als ich in die Gänge komme. Schade eigentlich aber wer weiß, vielleicht sieht man sich ja noch einmal?!
Ich bin beinahe der letzte der den Hafen verlässt und als ich gerade ablegen will komme ich mit zwei Mädchen ins Gespräch, die ganz aufgeregt nach dem Hafenmeister fahnden. Es stellt sich heraus das sie Betreuerinnen einer Jugendgruppe sind, die in Schleimünde auf ein Segelschiff warten um dann eine Umweltbewustseins- und Rettet-die-Meere-Tour zu machen. Ein Teilnehmer ist krank und soll zum Arzt. Dummerweise fährt gerade keine Fähre und die Arztpraxis in Maasholm schließt bald. Ich biete die Illub als Krankentransporter an und die beiden sind ganz erleichtert und froh. So lege ich also mit drei Passagieren ab um unseren Patienten zum Arzt zu fahren. Alle Manöver klappen zum Glück ganz gut und ich gebe glaube ich eine ganz souveräne Figur ab – finde ich super :-)
Dann fahre ich gemütlich und allein weiter nach Damp, meinem eigentlichen Ziel von Gestern. Das liegt nur 5sm weiter die Küste runter, aber ich war gestern so froh als ich Schleimünde erreicht hatte und nicht mehr weiter musste, dass ich sofort festgemacht habe. Bei meiner Geschwindigkeit Gestern von unter 2 Knoten hätte die Strecke locker noch drei Stunden in Anspruch genommen.
Heute steuert der Autopilot bei wenig Wind und ich fahre irgendwas zwischen 2 und 3 Knoten. Ich kann lesen und mir was zu Essen machen und sitze in der Sonne. So kann segeln eben auch sein.
In Damp parke ich die Illub neben einer anderen Albin Vega sehr weit vorne im Hafen, dort wo viel Platz ist. Ich sage zwar immer, das ich immer besser auf engem Raum navigieren kann, aber schön finde ich das deshalb immer noch nicht. Das hat sich wohl auch der andere Skipper gedacht und wir nehmen beide in Kauf das die Schiffe nicht ganz so ruhig liegen wie weiter im Inneren des Hafenbeckens. Dafür klappt das Anlegen in die Box, ohne das jemand am Steg steht super! Ich treffe beide Achterleinen, stoppe rechtzeitig auf und kann dann in Ruhe mit den Vorleinen die Schiffsposition in der Box justieren. Alles ohne Anecken und übertriebene Hecktick. Das freut das Seglerherz!
Im späteren Verlauf des Nachmittages treffe ich die Crew der Nachbar-Vega „Jim Knopf“. Eine vier köpfige Familie aus Eckernförde. Natürlich unterhalten wir uns über unsere Vegas und gucken uns die Unterschiede an. „Wie ist denn der dasunddas bei Dir?...“
Der Abend wird noch ziemlich laut und unangenehm, denn am Strand von Damp ist Urlauberanimation: „Und jetzt hebt die Promenade mal die Hände in die Luft und Klatscht! Das sieht doch schon super aus!“ Atemlos, Mr Vain, Auf Uns und andere „Partykracher“ … naja!


Leuchtturm von Schleimünde




Meine Passagiere auf dem Weg zum Arzt

Geschafft, ganz ohne Blaulicht!




Damp


Aufräumen und Lüften in Damp


Dienstag, 18. August 2015

Tag 58 kleine Session, große Fahrt

Immer noch pfeift der Wind mit 7Bf ganz schön kräftig. Ich hole mein Mikrofon heraus und nehme das Amelander-Riff auf. Seit langem habe ich kein Lied mehr gemacht, dieses kleine Riff gefällt mir seit langem mal wieder sehr. Trotzdem bleibt es bei der Instrumentalversion. Ich probiere ein bisschen mit Worten herum aber mag nichts davon leiden. Eigentlich dachte ich ja das diese Reise auch ein musikalischer Impuls wird, aber davon bin ich ziemlich weit entfernt. Egal! Dafür war es bis hier eine großartige Reise mit vielen Herausforderungen und reichen Erlebnissen und Begegnungen – ich sollte mir vielleicht nicht zu viel vornehmen.
Ich komme schräg drauf, packe meine Sachen und wage mich um 13:00h doch noch hinaus! Beim Ablegen hilft mein Stegnachbar, denn es blasen ungefähr 7 Windstärken. Aus dem Hafen fahrend bemerke ich, dass ich nicht ordentlich vorbereitet bin. Meinen Fallen sind nicht klar, die Fock noch festgelascht und das Reff im Groß noch nicht eingebunden. Ich schimpfe ein bisschen über mich. Wenn ich Passagiere habe soll mir so etwas nicht passieren! Ist nicht gut für die Moral und das Sicherheitsgefühl. Da ich aber alleine bin ist es egal, mache ich die Dinge eben bei Schaukelei und steuerlosem Schiff auf offener See.
Es ist genial wie der Wind dann in die Segel pack, die Illub sich auf die Seite legt und wir mit bis zu 7Knoten über das Meer zischen. Es ist recht böig daher sind wir mal schneller und mal langsamer. Das Gefühl für mein Schiff verändert sich total. Was vorher noch Rückzugsort und mittelgroße Höhle gewesen ist wird im Wasser ein kleines Spielzeug der Elemente. Wir werden von Böen gepackt, von Wellen geschaukelt und rasen quasi über das Wasser. Ich Fahre eine Strecke, die mich auf dem Hinweg ca. 2 Stunden gekostet hat in einer halben wieder zurück!
Dann beginnt das Kreuzen gegen den Wind. Der schläft für einen Augenblick ein, so dass ich mich schon enttäuscht ärgere so lange mit dem Herausfahren gezögert zu haben. Ich Reffe aus und mache dabei mein Niederholer etwas kaputt. Mist! Refffen ist mir ja noch nie so richtig von der Hand gegangen. Das muss ich unbedingt ändern wenn ich jemals über mehre Tage über irgendwelche Ozeane fahren möchte. Für den Moment ist das aber kein Problem. Das Segel steht und der Wind kommt auch zurück. Wir düsen wieder. Allerdings mit Abstrichen: um überhaupt Höhe zu gewinnen, also Strecke gegen den Wind gut zu machen, kann ich keinen schönen Kurs fahren und so killt mein Vorsegel die ganze Zeit über (es flattert am Rand und steht nicht schön). Das nervt mich und und ist nicht materialschonend aber ich finde keinen anderen Weg. Im ganzen sehe ich fünf andere Schiffe außer mir auf dem Wasser. Alle kämpfen wie ich um voran zu kommen. Leider mit mehr Erfolg als ich und so zieht eines nach dem anderen an mir vorbei. Mir ist es fast egal, wenn nur meine Segel richtig stehen würden... Ich finde mich damit ab, versuche zu Essen und zu Lesen. Irgendwann frischt der Wind aber so weit auf und die Wellen steigen, dass ich immer wieder 'geduscht' werde. Alle 50 oder 100 Wellen kommt eine so ungünstig, dass ich buchstäblich mit Badewannen beworfen werde – noch finde ich das witzig. So gehen die Stunden dahin. Ich stehe am Ruder und balanciere auf dem unruhigen Schiff unter mir, das sich sicherlich 40° zur Seite neigt. Wenn mal wieder ein Wendemanöver ansteht tue ich so als wäre ich auf einem richtig großen Schiff und Rufe Befehle, die ich dann in unterschiedlichen Stimmlagen wiederhole: 

„Readdy to go about?!“     „Readdy to go about!“      „Readdy to go about!“     „Readdy to go about!“

„Hol' dicht die Vorschot!“     „Hol' dicht die Vorschot!“     „Hol' dicht die Vorschot!“

Das dabei Englisch und Deutsch durcheinander gehen ist mir egal. Manches finde ich besser klingend manche Ausdrücke kenne ich nur in der einen oder andern Sprache. Matrosen sind aber schon immer ein bunter internationaler Haufen gewesen, von daher vielleicht ganz passend.
Inzwischen bin ich seit mehr als 5 Stunden auf dem Wasser und komplett durchnässt. Meine Regenkleidung hält eben nicht 100% dicht, außerdem habe ich die Bündchen am Handgelenk im Vorfeld nicht zu gemacht und keine Gummistiefel angezogen. Sollten ja nur 4 Stunden werden... Bei der nächsten Wende „reißt“ mir die Großschot los und mein Segel ist außer Kontrolle! Ich bin selber Schuld weil ich einen Traveler nicht richtig eingerastet habe – war zu beschäftigt meine Kommandos in den Wind zu rufen ;-) Ich habe mich richtig erschrocken, obwohl es im Ende kein Problem war, lass ich mich mal wieder treiben, werfe die Vorschot los, sammele meine Großschot ein als ich im Wind stehe, baue alles wieder zusammen und fahre weiter.
Noch bin ich zwar kalt aber guter Dinge. Dann entdecke ich, dass sich wieder eine von meinen Segellatten verabschieden will. Fluchend und die Segellatte beruhigend, das sie doch an Bord bleiben soll, hole ich mein Segel runter und rette die Latte. Dieses Spiel kenne ich ja schon von Tag40. 
Danach habe ich aber keine Lust mehr das Segel erneut zu setzen und fahre als Motorsegler mit Fock weiter. Die will mir dann aber auch nicht mehr helfen, also packe ich sie auch weg. Unter Motor kann ich jetzt den direkten Kurs steuern. Leider bin ich dadurch auch nicht schneller weil Wind und Wellen mich sehr stark bremsen. So mache ich mich im Schneckentempo auf, die letzten 3Meilen zu bewältigen. Meine Brille ist total versalzen und die Sicht schlecht, dadurch habe ich noch einmal mehr das Gefühl gar nicht vom Fleck zu kommen. Ich hab kein Bock mehr. Von hinten kommt eine kleine Benetau immer näher, natürlich noch unter Segeln und in einem Winkel zum Wind, von dem ich mit der Illub nur träumen kann. Sausack mit seinem modernen Boot!
Ungefähr zeitgleich erreichen wir Schleimünde. Gnädiger weise komme ich einen Tick früher rein, außerdem will er nicht in den selben Hafen wie ich und so trennen sich unsere Wege nach 2 Stunden Verfolgungsjagt. Ich wette ich habe den Typen ganz schön motiviert und happy gemacht das er mich so versägen konnte.
Im Hafen helfen mir zwei Jungs beim Anlegen. Super nette Typen und auch noch mein Alter. Das ist selten. Das Schiff die „Najade“ habe ich auch schon mal in der Nordsee gesehen. Wir unterhalten uns eine Weile am Steg und ich habe vor auf ein Bierchen herüber zu gehen. Nachdem ich aber Klarschiff gemacht habe und eine warme Suppe gegessen schlafe ich aber sofort ein.