Donnerstag, 1. Juni 2017

Pfingsten

01-06 Juni

Die letzte Autofahrt zur Illub!
So habe ich mir das vorgenommen. Ob es wirklich funktionieren wird weiß ich selber noch nicht. Ist wirklich alles so weit in Schuss, dass ich die Werkzeugkiste zu Hause lassen und mit leichtem Gepäck anreisen kann?
Langsam fühle ich mich wie einer dieser Bootseigner, die Ihre Yacht als schwimmenden Schrebergarten Missbrauchen. Seit Oktober immer nur der Vereinshafen und höchstens 6 sm raus ans Ende der Wismarer Bucht. Das ist doch kein Segelleben!
Entschuldigung. Ich will mich nicht beschweren. Ich wohne in Köln und nehme Reparaturen und Umbauten am Schiff selbst in die Hand, da ist man schon mal ein wenig eingeschränkt.

Dieses Wochenende kommt meine Freundin Lea und Ihr Kumpel Max an Bord. Ich nutze die Zeit vorher um die Winsteueranlage zu motieren und andere Kleinigkeiten in Ordnung zu bringen. Es ist jedes mal ein kleiner Akt die Illub nach längerer Pause in einen ansehnlichen und funktionstüchtigen Zustand zu versetzen.

Kurz bevor ich meine Gäste am Schweriner Bahnof abholen möchte, springe ich noch einmal im Netto vorbei. Aus dem kleinen Boxenstop wird allerdings ein ein entsetzter Satz des Schreckens, der mich und uns noch das Wochenende über beschäftigen soll.
Als ich auf den Parkplatz einbiege bekomme ich mit wie sich zwei Gruppen lokaler, junger Männer mit ernsthaftem und inbrünstigen Hitlergruß von einander verabschieden. Der eine dreht sich herum und schlägt die Hacken zusammen und hebt seinen Arm quer über den ganzen Parkplatz.
Es ist verrückt. So eine beschissene Geste aber ich habe sofort Herzklopfen, einen trockenen Mund und Fantasien von Gewalt. Unfassbar! Zum Glück ist das aber auch der erste ernst gemeinte Hitler Gruß, den ich in meinen 36 Jahren in Deutschland erleben muss. Einmal mit solchen Gedanken infiziert, sehe ich nur noch Nazis im Netto. Man scheint sich zu kennen, zu akzeptieren und scheinbar eine Gesinnung zu Teilen. Trotz Einkaufsliste kann ich mich nur schlecht auf den Einkauf Konzentrieren und vergesse am Ende das Trinkwasser.
In meinem Kopf mache ich mir Sorgen. Meine Freunde sind beide dunkelhäutig und eindeutig eng mit dem Mutterkontinent unserer Spezies verwand. Lea will Ihren Geburtstag mit uns feiern und ich locke sie ins Nazi Nest nach Wismar.

Zum Glück geht es für uns direkt an Bord, so dass wir uns nicht auf den Straßen herumtreiben. Einmal an Bord ist alles im Lack. Auf dem Vereinsgelände, so wie dem Hafen auf Poel, den wir ansteuern, ist alles entspannt. Ich entdecke zwar dubiose Tattos an den Jungs von der Fischbude aber die Atmosphäre ist entspannt.

Mit meinen beiden Landratten an Bord, gestaltet sich das Segeln unspektakulär. Die 6 sm nach Timmendorf kennt die Illub auswendig und das einzige was "Aufregung" bietet ist der Umgang mit der Windfahne. Die funktioniert so weit ganz gut, wobei ich immer noch teste wie sie eingestellt werden muss abhängig von Kurs und Windstärke. Wenn ich das Verhalten meiner Windfahne mit den profi Modellen vergleiche habe ich den Eindruck, dass die Bewegungen der Anderen viel weicher ablaufen. Mein Ruder hingegen schlägt aus, verweilt und zentriert dann wieder. ...
So viel zur technischen Seite. Das ich bei meiner ersten Fahrt alleine auf Grund gelaufen bin, weil ich nur mit meinem Heck und der Windfahne beschäftigt war, erzähle ich lieber auch nicht. Windsteuerung bei schwachem achterlichem Wind funktioniert nämlich bekanntermaßen schlecht. Da ist mein System leider (noch) keine Ausnahme.