Montag, 1. August 2016

Montag 01. August
Fehlstart mit Propeller Pannen

Der Morgen beginnt langsamer als gedacht. Sarah geht es dummerweise nicht gut und zu allem Überfluss hat sie noch ein schlechtes Gewissen deswegen. Wir überzeugen sie, dass sie liegen bleiben darf und wir aber trotzdem auslaufen wollen. Gegen Mittag ist es dann so weit. Das Schiff ist aufgeklart, das Manöver mit meinen neuen Leichtmatrosen besprochen und die Maschine läuft. Anselm steht an der Bugleine und soll uns gegebenen Falls von den Nachbarschiffen klar halten. Sarah ist unter Deck und Marleen darf sich kutschieren lassen. Im Notfall soll sie mein Joker sein und uns bei bedarf abhalten. So weit so gut. „Steuerbord Vorleine los!“, „Steuerbord Achterleine los!“ und dann Backbord Vorleine mitfiehren während ich das Schiff an der verbleibenden Achterleine aus der Box bugsiere und dann mit dem Motor Schub gebe. Aber was ist das?!? Ich habe keinen Schub! Weder Vorwärts noch rückwärts. Anselm hat gut zu tun und auch Abhalte-Jocker Marleen komm zum Einsatz. Zum Glück ist der achterliche Wind nicht stark und so haben wir das Schiff binnen Minuten wieder sicher festgemacht. Ich teste den Schub erneut und vernehme ein ungesundes „Klonk“ aus dem Schiffsrumpf. Dann ein viel zu flimmsiges „Bsss“ welches so gar nichts mit dem gewohnten „wupp wupp wupp“ und „pötta pötta pötta“ des Motors und Propellers zu tun hat. Als Gastgeschenk hatten mir die Beiden neben einer stylischen WV-Bulli Dose und Kaffe eine Taucherbrille mitgebracht. Diese kommt jetzt gut zu pass und ich schaue nach, was denn da unten los ist. Überwindung kostet mich der Tauchgang schon neben Quallen und Seegras im Hafenbecken unter das Schiff zu Tauchen. Aber ich erinnere mich an die Nordsee und bin einfach froh über das klare Wasser und die gute Sicht in der Ostsee. Unter dem Schiff stellt sich heraus, dass wir tatsächlich unseren Propeller verloren haben!!! Ich glaube es kaum aber der liegt einen Meter weiter im Schlick. Tausend Gedanken gehen mir gleichzeitig durch den Kopf: Hatte ich also doch Grund zu meiner Schlaflosen Nacht in Jever bevor es los ging. Zurecht habe ich dem Sound nicht getraut und selten Vollgas gegeben als ich mit Max und Dominik gefahren bin. Gut, dass das Jetzt und Hier im Hafen passiert ist und nicht schon bei der Klappbrücke letzte Woche (26.07). Was für ein Glück! Was für eine Scheiße! Jetzt muss ich wieder alles auseinander nehmen und neu montieren; diesmal aber im Wasser! Hoffentlich ist die Fahrt nicht zu Ende! …

Mit dem Propeller in der Hand tauche ich auf und versuche nicht zu kleinlaut zu klingen als ich den Anderen die Situation erkläre. Ich hoffe auch das ich das Vertrauen in Skipper und Schiff nicht schon beim ersten Manöver verspielt habe. Aber es hilft ja nichts. Es ist wie es ist. Nach kurzer Beratschlagung machen Anselm und ich uns dran den Propeller auseinander zu nehmen und zu reinigen. Alles Schmierfett muss runter denn überall ist es mit Schlick und Sand kontaminiert. Dann müssen wir rauskriegen wie wir alles wieder richtig und sicher zusammensetzen können ohne das Schiff zu versenken. Die Bilanz sah zunächst nicht so gut aus. Es fehlten ein Bolzen plus Unterlegscheibe und – viel wichtiger – ein Scheerstift (sieht aus wie eine halbe Euromünze, nur kleiner und dicker). Letzterer ist essenziell und speziell. So einen Bolzen kann man einfach im Baumarkt auftreiben aber der Scherstift... Zum Glück sind Albin Vegas in Dänemark nicht selten. Allein an diesen Stegen liegen drei im Wasser und eine sehr heruntergekommene Vega steht beim Nachbarverein auf dem Hof. Dort ist unsere erste Adresse um Ersatz zu suchen. „No. This guy... it's the whole boat or nothing!“, ist unsere Abfuhr. Wir können noch eine ca. 50km entfernte Adresse von einem Motoren Laden aus dem Typen herauskitzeln, aber das ist auch alles.
Na gut, dann eben nicht... wir machen trotzdem weiter. Ich gehe noch einmal auf Tauchstation in der verzweifelten Hoffnung dieses 3cm große Stück Metall doch noch im Schlick zu finden. Aber das ist natürlich eine Fehlanzeige. Wir lassen uns nicht entmutigen! Beim weiteren reinigen und zerlegen der Maschine versuche ich mir zuverlässige Alternativen und workarounds einfallen zu lassen und plötzlich stoße ich mit meinem Schraubenzieher, den ich zum Auslöffeln des Schmierfetts benutzt habe, beim Abwischen auf den Scherstift! Ich kanns gar nicht fassen. Da hat sich dieses Mistding einfach im Fett-Schleim-Schmock-Geschmier versteckt. Großartig!!!
Von da an geht die Reparatur beschwingt voran. Den fehlenden Bolzen können wir doch locker ersetzen. Aber es wird noch spannend. Erst wollen die, von mir großzügig mit Flüssigdichtung versehenen, Getriebeteile nicht wieder auseinander gebaut werden und zweitens müssen wir die Welle im schwimmenden Boot ziehen. Das bedeutet das unter der Wasserlinie ein etwa 5cm Loch entsteht durch das Wasser ungehindert ins Boot fließen kann. Keine wirklich gute Idee... Wir machen es trotzdem! Anselm der Taucher macht sich bereit und ich stehe mit einem gedrehten Lappen als Korken parat. Normalerweise benutzt mann konische Holzstopfen, ähnlich wie die Weinflaschen Verschlüsse aus der Küche, aber so etwas haben wir natürlich nicht. So muss ein Aufnehmer reichen, der zuvor schon einiges an GetriebeFett abbekommen hat. Es geht los. Anselm zieht auf Zuruf die Welle und ein Feuerwehrschlauch artiger Schwall Wasser ergießt sich ins Boot. Ich halte meine Hand davor und kann mit dem Lappen tatsächlich den Wassereinbruch stoppen. Wie lange? Keine Ahnung. Sarah und Marleen müssen Wache schieben und Lenzen so lange wie Anselm und ich die Welle und den Propeller reinigen, erneut und extrem gründlich fetten und wieder zusammensetzen. Jetzt fehlt nur noch der Bolzen. Inzwischen ist es Abend und kein Baumarkt hat mehr offen. Aber wir sind ja an einem Bastelsteg wo viele Boote nicht schön aussehen, die Leute aber jede Menge Werkzeug und Material haben. Taucher Anselm, barfuß mit Handtuch um die Hüften und ich mit zerrissener und vor Öl und Fett starrender Mechanikerkluft, ziehen mit der Welle und dem Propeller bewaffnet los. In der Kneipe nebenan treffen wir auf Säufer, die keinen Bock haben sich mit uns zu befassen. Der Barkeeper verweist aber auf „den Araber da hinten“ und siehe da er ist gewillt uns zu helfen.
„Never judge a book by it's cover“ „der Araber“ (leider hab ich den Namen vergessen) entpuppt sich als Besitzer der Kneipe und hat Schlüsselgewalt über nahezu alle Schuppen am Platz. Zudem nimmt er sich die Zeit mit uns mehr als eine halbe Stunde jeden Werkzeugkasten zu durchforsten. Alles auf der Suche nach einem M10 Bolzen, vorzugsweise aus Messing oder V4 Niroster Stahl. Trotz der vielen Schlüssel und Schuppen und Werkzeugkisten keine leichte Aufgabe. Am Ende Flexen wir uns einen zu langen M10 Bolzen zurecht, der zwar rostfrei aber nur aus V2 Stahl ist. Das bedeutet er wird früher oder später rosten, dann festrosten und schließlich meine Welle unbrauchbar machen. Aber das soll ich erst etwas später herausfinden. Für den Moment sind wir überglücklich denn es sieht so aus als könnten wir unsere Mission erfüllen und am Ende doch noch zu unserem Segeltörn aufbrechen!
In zwischen ist es fast dunkel aber Anselm gibt sich einen Ruck und taucht ein letztes mal unter das Schiff um die Welle wieder einzusetzen. Wir sind zwar schon müde und es wäre ein guter Moment um Feierabend zu machen aber ich werde nicht schlafen können wenn das einzige was mein Schiff vom Sinken abhält ein fettiger Putzlappen ist. Um 22:30h ist es geschafft. Wir haben Propeller, Welle und Getriebe in einem 7 ½ stündigen Kraftakt auseinander und wieder zusammen gebaut. Alles gereinigt und neu gefettet. Morgen müssen wir noch die Einstellung vornehmen und es gib eine reale Hoffnung, dass wir Nachmittags auslaufen können.
























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