Donnerstag, 4. August 2016

Donnerstag 04. August
Vor dem Wind

Unsere lieben Gäste bringen auch einen Hauch Realität mit ins Boot. Anselm und Marleen müssen ja wieder nach Hause kommen. Wie, war bislang nie überlegt und geplant worden. Trelleborg im Süden von Schweden kommt ins Gespräch. Von dort könnte man mit der Fähre nach Deutschland und mit dem Zug weiter nach Berlin. Leider kommt der Wind aus Süd-west wir laufen aus mit der Option mehrere Ziele anlaufen zu können. Ich will versuchen großzügig über den Öresund zu Kreuzen, um doch noch Meilen nach Süden gut zu machen. Ganze 30 min. versuchen wir diesen Plan auch in die Tat umzusetzen aber der wahre Kurs über Grund (GPS-Kontrolle) und die Gesundheit der Crew veranlassen mich dem Wunsch der Chef-Navigatorin und Captains-Wife Sarah nach zu geben und nach Norden abzudrehen. Die Option stand immer als „Notlösung“ zur Verfügung nur wollte ich nicht so schnell klein bei geben... naja. Vor dem Wind entspannt sich alles und alle sofort. Das Schiff läuft ruhiger und der Wind scheint abzunehmen, da wir 6 Knoten Fahrt durchs Wasser in die gleiche Richtung vom wahren Wind subtrahieren dürfen. Also Kurs 340° Richtung Helsingborg. Anselm gefällt seine Ruderwache so gut, dass er das Steuer 3 Stunden lang nicht mehr aus der Hand gibt. Ich freue mich und verzichte auf strenge Einhaltung der Ruderwachen. Ich habe schon öfters gelesen, dass das für die Moral der Crew nicht so gut sein soll weil es den Rhythmus an Bord zu sehr stört. Mir ist das egal, erstens sind wir nicht so lange unterwegs, zweitens ist er nicht so lange an Bord und soll sich mal richtig austoben und drittens finde ich persönlich Ruderwache am uninteressantesten an der ganzen Segelei. Ich mag das Schiff, das basteln, die Navigation, die Gemütlichkeit an Bord und besonders wenn ich alles top eingestellt und austariert habe und die Illub von alleine fährt. Mit Anselm am Ruder kein Problem :-)
13:45h beschließen wir spontan einen anderen Hafen anzusteuern. Backbord querab liegt die Insel Ven mit einem wunderschön aussehenden kleinen Hafen – Bäckviken. Also Motor an und Kommando Segel bergen. Der Einfachheit wegen wollen Sarah und ich das erledigen. Es bläst immer noch mit guten 3-4 Bf so dass ich nicht unnötig herumtüddeln möchte. „Kurs: In den Wind“ Sarah und ich beginnen die Segel zu bergen „Leichtmatrose Anselmovic: Kurs halten bitte!“ Doch vergebens. Anselm hat keinen Schub von der Maschine und folgerichtig keine Steuerfähigkeit. Mist! Werden die Segel halt nicht so ordentlich aufgetucht. Was mich viel mehr schockt und ärgert ist das wir wieder Motorprobleme haben! Ok. Wo driften wir hin? Wie lange bis etwas passieren muss und wo ist die nächste Fähre, die Bäckviken ansteuert. Wir sind klar und noch ca. 0,5 sm vor dem Hafen. Kein Stress also. Gut. Ich spiele mit dem Gas und lasse den Motor behutsam auf touren kommen. Dabei schaue ich auf den Tiefenmesser: 40m. Wenn wir schon wieder den Propeller verloren haben ist er weg. Scheiße. Dann muss ich einen Distresscall absetzen und uns schleppen lassen. Aber der Druck am Ruder steigt, und ich kann wieder steuern. Ein Glück! Etwas zaghaft manövriere ich die Illub in den Hafen und wir gucken uns eine freie Box aus. Das Manöver klappt ganz gut aber nicht so wie geplant. Ich verfehle meinen Poller mit der Leine und wir machen nur über Steuerbord fest, denn Sarah hat getroffen. Es stellt sich heraus das es genau so gedacht ist in diesem Hafen. Ich hatte mich auch gewundert, denn die Poller stehen bestimmt 5 Meter auseinander wo doch eher 3 Meter normal sind. Ich hab heute allerdings nicht so viele Gedanken für Hafenmanöver übrig, schnappe mir sofort die Taucherbrille und schaue mir den Propeller an. Anselm reicht mir noch schnell den 15er Schlüssel damit ich sofort unseren Bolzen kontrollieren kann. Ich rüttel und schüttel und schraub (vorsichtig) an dem Bolzen (Nach 'fest' kommt 'ab') doch alles scheint in Ordnung. Hm. War vielleicht doch nur Fehlalarm und die liebe Illub war einfach noch nicht wach. Ich nehme mir vor die alte Lady morgens richtig gut warm zu fahren und die Maschine erneut 15min ohne Last vor dem Segel bergen und einlaufen in einen Hafen tuckern zu lassen. Eine weitere wichtige Erkenntnis nehme ich mit: der Bolzen rostet! Sogar relativ schnell. Das ist in den nächsten Tagen kein Problem aber über kurz oder Lang wird er sich festrosten und brechen wenn man versucht ihn heraus zu bekommen. Ich muss also Ersatz beschaffen! Wieder bin ich Anselm und Marleen sehr dankbar für das Gastgeschenk der Taucherbrille – merci beaucoup!
Um den ganzen Schock und die nicht erfüllten Befürchtungen wieder abzuschütteln machen wir einen Spaziergang über die Insel Ven und sind ganz verzaubert. Sommer in Schweden ist so schön!


































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