Dienstag 09.August

Projekte am Tag und ein unvergesslicher Abend

Nachdem wir so viel besorgt haben, müssen die Dinge auch entsprechend verbaut werden. Ich probiere mein Glück nochmals mit den neuen Bolzen für die Welle und Sarah näht mir Schutzhüllen für die Wanten. Zuvor haben wir alle Splinte kontrolliert und die brüchigen und alten erneuert. Mit den Schutzhüllen brauche ich jetzt keine Sorge mehr um meine Vorsegel und Leinen zu haben. Die konnten und haben sich nämlich vorher an den Splinten und Beschlägen ordentlich aufgerieben und so ein unnötiger Materialverschleiß ist teuer und muss nicht sein.

Ich habe wieder Frust. Die Bolzen passen nicht. Im Segelladen des Hafens weiß man mir auch nicht zu helfen, kann aber auf die Motoren-Jungs von der Werft nebenan verweisen. Wir betreten die Werkstatt durch die Hintertür und geraten an zwei junge, hilfsbereite Mechaniker. Der eine hat auch sofort den richtigen Riecher und meint das wäre wahrscheinlich ein Problem zwischen „metric“ und „standart“ System. Wobei das metrische, also Milimeter, Dezimeter und Meter, eher dem Standard der Welt entspricht und sich nur die USA für so wichtig hält und ihr System von Inch, Fuß und Yards als „standart“ präsentiert. Naja; der Propellerschaft ist jedenfalls im Inch-Maß bemessen und wir haben im Handumdrehen den richtigen 7/12inch Bolzen gefunden. „Now we've got to find the boss to see what he want's for it.“ meint der Mechaniker. Der Boss, wie sich herausstellt, ist gar nicht begeistert den Bolzen an mich abzutreten. Da ich ihn aber schon in den Händen halte hat er keine große Wahl mehr und berechnet faire 10 Kronen (1€). Ein wenig unglücklich erzählt er, das auch er Schwierigkeiten hat an solche Bolzen heran zu kommen. Alles müsse aus den USA bestellt werden und weil A4-Stahl nunmal nicht besonders leicht ist sind die Kosten dadurch recht hoch... Tak tak tak – Danke danke danke. Schnell raus bevor er mir das Teil wieder abknöpfen kann. Kurz getaucht und Voilá! Es passt perfekt – endlich!

Zur Belohnung und weil unsere gemeinsame Zeit auf der Illub bald zu Ende geht wollen wir abends essen gehen. Fisch. Im Hafen gibt es ein kleines süßes Restaurant und wir haben Glück: kommen genau zur rechten Zeit, ohne Reservierung bekommen wir im ausgebuchten Lokal einen premiumplatz direkt am Fenster. Der Himmel meint es auch gut mit uns und so verziehen sich die Wolken und wir sitzen in herrlicher Abendsonne mit Blick auf die Yachten und die Öresundbrücke. Wo sich sonst die Sonne hinter einem Wolkenband versteckt haben wir heute das Vergnügen, den Sonnenuntergang bis zuletzt sehen zu können. Damit aber nicht genug. Das eigentlich einfache Essen „Fisch & Chips“ wird hier zur Kunstform erhoben und kommt mit allerlei Hausgemachtem und perfekt abgestimmten Wein – ein Gedicht.

Höchst zufrieden und pappsat, sogar ein wenig beschwingt von der Flasche Wein, kommen wir zu Hause auf der Illub an. Ich erwarte eigentlich nicht mehr viel vom Tag, immerhin haben wir die Sprayhood gut weiter gebaut, den Bolzen an der Propellerwelle endlich und endgültig ersetzt und sogar noch Wantenschoner gebaut. Ein voller Erfolg! Doch der Abend ist noch nicht zu Ende. Wir sitzen gemütlich an Bord und plötzlich ist Sarah etwas unruhig, greift in ihre Tasche, befördert ein kleines Schächtelchen zu Tage und sagt etwas wie: „Den richtigen Moment gibt’s ja sowieso nicht! Und wenn ich's probieren möchte, dann mit Dir!“

Ich bin völlig überrascht und auch einen Moment lang sprachlos. Der Moment ist perfekt und natürlich sage ich ja – ist doch klar! Sarah, diese wunderschöne, intelligente und mutige Frau, hat's mir mal wieder gezeigt! Nicht nur dass sie mit mir über die Meere schippert, mit meiner (künstlerischen) Eigensinnigkeit und Ungeplantheit klar kommt, sie hat sich von mir in die kanadische Wildnis entführen lasse, ist im Wildwasser mit mir gekentert und gestrandet und jetzt hat sie den Mut mich zu fragen ob wir unser Leben endgültig miteinander verbringen wollen. Eine Frage, zu der ich seit den 7 Jahren, die wir jetzt zusammen sind, nicht „die Eier“ hatte.

Na klar will ich! Für immer!

...noch weiß ich nichts von meinem Glück