Ich bin mit dem
Hafenmeister verabredet. Eigentlich kommt der immer etwas später als
8:00h aber ich konnte ihn überreden mich etwas früher abzufertigen.
Wieder mal diktieren die Gezeiten wann und wie ich losfahren muss um
mein Ziel zu erreichen. Heute fahre ich nach Tönning meine Familie
zu treffen. Mein Vater ist mit Brigitte und zwei Freunden dort im
Urlaub bis für Brigitte die Kur auf Sylt los geht.
Der Tag ist lange
nicht so schön wie gestern, aber auch nicht schlecht. Der
Hafenmeister warnt mich zwar immer wieder vor dem Gewitter, welches
er in seinem Wetterbericht hat, doch in meinen Vorhersagen ist davon
nichts zu finden. Ich fahre also unter Motor raus und kann ihn erst
nach ein bis zwei Stunden wieder abstellen. Die See ist glatt, der
Wind schwach und der Himmel zieht sich zu doch es bleibt trocken.
Perfekte Bedingungen für meinen Autopiloten. So fahre ich von ganz
alleine und habe Zeit Gitarre zu spielen und zu lesen. Ich belausche
den Funk der Fischer, wobei es mir sehr schwer fällt diese zu
verstehen. Einerseits ist meine Funke relativ schwach und empfängt
immer nur einen Gesprächsteil zum anderen ist der nordische Akzent
und Fischerslang so stark ausgeprägt, dass ich all mein Deutsch und
Niederländisch brauche um nur Ansatzweise zu verstehen was los ist.
Die Worte „Politik“ und „machen alles kaputt“ fassen den
Inhalt der einen Konversation ganz gut zusammen. Irgendwie hatten sie
es aber auch mit Solaranlagen, Einspeisevergütungen und Windkraft;
vielleicht war das aber auch noch ein und das selbe Thema...
Kurz bevor ich
wieder ins Watt einfahre sehe ich das erste und einzige andere Segelboot. Ich
hatte mir schon sorgen gemacht, dass das Gewitter doch noch
überraschend kommt und mich auffrisst obwohl es nicht danach aussah,
einfach weil keine anderen Freizeitboote draußen sind.
Das Watt in der
Eidermündung fordert meine ganze Konzentration und ich komme auch
mal wieder ins Schwitzen. Es wird stellenweise sehr flach, außerdem
läuft die Strömung zum Teil quer zu meinem Fahrwasser, so dass es
bei den sehr weit entfernten Tonnen schwierig ist exakt auf Kurs zu
bleiben. Vor Wangerooge habe ich aber gelernt dass die Fahrrinnen mit
unter nicht mehr als drei bis vier Meter breit sind (weniger als die
doppelte Breite meiner Illub). Es ist immer wieder ein Erlebnis diese Naturgewalten hautnah zu erleben. Ben Howard singt im Nebensatz
„the strength of the turning tide“ in seinem Song 'Keep your head
up'. Daran muss ich immer denken wenn hunderte Kubikkilometer Wasser
in ein paar Stunden an die Nordseeküste, hinter die Inseln und weit
ins Landesinnere schwappen. Ich finde es auch bemerkenswert das wir
Menschen ernsthaft mit Deichen und Sperrwerken Einfluss nehmen wollen
und bedingt auch können. In Wahrheit hat aber niemand mehr was
zu sagen wenn die Tide kentert... Man kann immer nur 'mit dem Wasser'
arbeiten...
So hänge ich meinen
Gedanken nach und plötzlich ist es Zeit zum Schleusen. Mit der
Jule-Marie, einem Fischerboot, aus Tönning passiere ich das
Sperrwerk und kann sogar noch eine Weile segeln bevor ich Tönning
erreiche. Der Hafen dort ist im Grunde eine Gracht. Ein Kanal der in
die Stadt führt. Dort erwartet mich schon mein Vater und läuft
neben mir her während ich auf der Suche nach einem Liegeplatz eine
Ehrenrunde durch das Hafenbecken fahre.
Nach dem Anlegen und
ersten großen „Hallo“ gehen wir Essen. Ich habe das erste mal
vier Gäste auf einmal: mein Vater und Brigitte und die Freunde
Sigrid und Dieter. Es ist bald Niedrigwasser und schon lustig wie die
vier die rostigen etwas algigen Stufen in das Hafenbecken hinunter
steigen und auf die Illub klettern. Obwohl sich alle anerkennend über
mein Boot äußern ist auch klar das mein Vater der einzige ist, der
sich traut mit mir zu fahren und einige Nächte an Bord zu verbringen. Die von mir gehegten Gedanken an eine
Ausfahrt mit allen Besuchern lege ich also zu den Akten :-)
Ich komme noch auf
einen Absacker mit ins Hotel, dann geht der Abend zu Ende. Ich muss
auch gestehen das ich nicht mehr kann. Die Fahrt mit Christian
gestern war eine der längsten meiner Reise und die 37sm von heute
lassen sich auch sehen.
Auf Wiedersehen Büsum
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