Montag 06.Juli
Es ist kurz vor Fünf
morgens. Ich werde wach und halte meinen Kopf aus dem Luk. Eigentlich
hätten die Umgebungsgeräusche schon genug verraten aber die Nase im
Wind bestätigt es: der Wind pfeift mit midestens 7Bf wenn nicht
sogar mehr. Kein Wetter um raus zu fahren. Ich stelle meinen Wecher
aus und lege mich wieder hin. Um 5:45h klopft Christoph unsanft an
mein Deck. „Ehy! Die Flut wartet nicht!“ Wir hatten beschlossen
eine Stunde vor Hochwasser raus zu fahren, genug Wasser um raus zu
können und früh genug um zum nächsten Hochwasser in
Schirmonnikenoog an zu kommen. Beide Häfen sind bei Niedrigwasser
nicht zugänglich für unsere Schiffe. So haben wir zwar den Strom
der aufkommenden Flut gegen uns beim herausfahren, die Strömung der
Nordsee aber die meiste Zeit mit uns bevor sie kentert und auch gegen
uns steht. Wir haben nämlich beschlossen außen herum durch die
Nordsee statt innen durchs Watt zu fahren. Ich war ja schon mal
„festgelaufen“, wollte das nicht wiederholen und Christoph will
es erst gar nicht ausprobieren. Es gäbe zwar Routen, die
möglicherweise 1,2m tief wären aber eben nur vielleicht...
Ich bin erstaunt
über den Weckruf, muss aber feststellen, das der Wind tatsächlich
einiges Nachgelassen hat. OK. Los geht’s!
Das ablegen klappt
trotz Wind gut, doch als ich keine Meile weit gekommen bin werde ich
fast von meinem Verklicker erdolcht. Der Verklicker ist ein Wimpel
oder Pfeil auf der Mastspitze, der anzeigt woher der Wind weht. Ein
bisschen wie ein Wetterhan auf dem Kirchturm. Meiner ist aus blech
und ca. 40 cm. Lang. Ein ziehmliches Geschoss wenn es aus 10m Höhe
auf einen runtergepustet wird. Zum Glück verfehlt er mich und bleibt
zusätzlich auf dem Boot! So kann ich ihn bei nächster Gelegenheit
wieder montieren. Er hatte sich wohl gelöst, als ich mit Oliver
abends durch die Schleuse in Muiden gefahren bin (Tag2).
Danach läuft jedoch
erstmal alles glatt. Ich sage erstmal denn als wir in die Nordsee
kommen nimmt die Schabernack den kurzen Weg zwischen einer Untiefe
und der Insel. Ich überlege noch alleine außen lang zu fahren, was
bestimmt 2-3 Seemeilen weiter gewesen wäre, lasse mich dann aber
doch verführen. Es kommt wie es kommen muss. Nein, es fährt sich
keiner fest aber wir müssen umkehren weil es zu flach wird. Und so
dampfen unter Motor eine Stunde gegen ruppige See um unsere Faulheit
auszugleichen. Ich mache mir Sorgen (und Christoph auch) das wir
jetzt unser Zeitfenster verpassen um den Hafen von Schirmonnikoog
anlaufen zu können. Kommen wir mehr als 90min nach Hochwasser, ist
die Hafeneinfahrt für uns unpassierbar. Zum Glück haben wir mehr
Wind als gedacht 5-6Bf vielleicht sogar 7Bf direkt von hinten. Auf
diesem Kurs führt man das nicht so doll, denn die
Fahrtgeschwindigkeit von 6-7kn kann man schon mal vom gefühlten Wind
abziehen. Außerdem sind die Wellen so dass man sie Absurfen kann und
dadurch noch schneller wird. Müsste man einen anderen Kurs fahren,
dann würde der Bug immer wieder in die Wellen krachen, die Fahrt
wäre ruppig und immer wieder gebremst. So aber vliegen wir durchs
Wasser – ein hammer Gefühl!
Ich habe ein
bisschen Schwierigkeiten genug Höhe zu gewinnen, also weit genug
nach Norden zu kommen um die Sperrzone von Gas-Bohrplattformen zu
umfahren und die Einfahrt zwischen den Inseln zu erwischen. Zum Glück
sind die Jungs von der Plattform aber locker drauf und winken
freundlich zurück als ich ca. 100m an denen vorbei segel statt der
vorgeschriebenen 1000m – sorry :-)
Als wir die Passage
zwischen den Inseln erreicht haben geht es noch einmal richtig zur
Sache! Kurs „Am Wind“ das heißt der Wind kommt direkt von der
Seite. Mein Schiff liebt diesen Kurs und segelt ihn gerne und schell.
Ich gucke bei 7,3kn ( ca. 13Km/h) auf mein GPS. Ich bin aber mit
Sicherheit noch viiiiel schneller gewesen! Zur Orientierung: mein
Schiff hat eine Rumpfgeschwindigkeit von 6,5kn das heißt es kann
eigentlich nicht schneller fahren (wegen einer Bug- und Heckwelle und
daraus resultierender Sogwirkungen...). Der Trick ist es das Schiff
mit seinem runden Bauch so weit auf die Seite zu legen, das aus
meinen 7m Wasserlinie 8m oder mehr werden und je länger die
Wasserlinie, deto schneller kann man werden. „Länge läuft!“
Bei der Einfahrt in
den Hafen will Christoph wieder abkürzen, fährt sich beinahe wieder
fest und ich habe mit meinem Motor und meinen Segeln zu kämpfen.
Ersterer will erst nach vier Versuchen anspringen, während ich unter
Segeln versuche im engen Fahrwasser zu bleiben und keines der vielen
ein- und auslaufenden Schiffe zu treffen oder mich 5m neben der Tonne
fest zu fahren und die Segel bei so viel Wind zu bergen ist aus den
selben Gründen schwierig. Mein Autopilot, den ich für diese Art
Manöver angeschafft habe ist leider nicht potent genug um das Schiff
unter diesen Bedingungen auf Kurs zu halten. Am Ende ist es geschafft
und ich mache gekonnt mit Hilfe der Crew Schabernack fest. Die
Euphorie und Erleichterung allerseits ist groß und ich werde
umgehend als Salty Dog getauft da ich ja nun meinen ersten
Nordsee-Törn geschafft habe (Ich habe gelernt dass das Wattenmeer
eben das Wattenmeer ist und nicht die Nordsee. Ich glaube ich habe
das zuvor in einem Video durcheinander gebracht.)
Wir melden uns im
Hafen und trinken ein Anlege-Bier. Ja Bier und keinen Schnaps. Durch
die lange Fahrt, die Aufregung, das Adrenalin, die wenige Nahrung bin
ich nach zwei Bier sofort besoffen, bestell noch eindrittes und mache
mich beschwingt zurück auf die Illub.
Die Illub liegt im
Chaos aber das ist mir egal. Ich räume langsam auf und fasse den
Plan in der Hafenkneipe ein kleines Konzert zu geben, denn dort steht
ein Piano und das inspiriert.
Abends spiele ich
ein bisschen Klavier und nach und nach versammelt sich unsere kleine
Segler Familie. Katja und Thomas von der Sasa, Ute und Christoph von
der Schabernack und Torsten von der Illub (Ich find es übrigens
immer noch total geil und unrealistisch das ich ein Schiff besitze,
ha!). 'Konzert' ist vielleicht der falsche Ausdruck. Ich spiele ein
bisschen und bekomme von drinnen und draußen Applaus, sehe aber
nicht viel von meinem Publikum da das Piano in einer Ecke steht.
Zwischen drin quatsche ich auch viel mit 'meinen Leuten'. Irgendwann
sind nur noch wir da und die Crew von der Kneipe. Die finden die
Atmosphäre aber auch super, bekommen eine KlanFu CD geschenkt und
schenken uns mindestens die Hälfte von unserem Deckel. 20€ für 5
Leute, die ständig ein frisches Bier vor sich haben kann einfach
nicht stimmen – Dankeschön Marieke!
Die Überführungsfahrt. Man beachte unser Rennen am Ende!
Die Illub ohne Handbreit Wasser unterm Kiel - dieses mal mit Absicht
Einhand Segelfreund Christoph
In meinen Händen: Der tückische Verklicker
Geschafft!
Now I'm officially a Salty Dog!
Seebär erzähl mir was
Unser Hafen mit...
...und ohne Wasser
zwei Freundinnen
Hey Tortsen,
AntwortenLöschenwar das ne geile Überfahrt?
Gruß aus dem Heimathafen
Christoph