Donnerstag 04.
August
Vor dem Wind
Unsere lieben Gäste
bringen auch einen Hauch Realität mit ins Boot. Anselm und Marleen
müssen ja wieder nach Hause kommen. Wie, war bislang nie überlegt
und geplant worden. Trelleborg im Süden von Schweden kommt ins
Gespräch. Von dort könnte man mit der Fähre nach Deutschland und
mit dem Zug weiter nach Berlin. Leider kommt der Wind aus Süd-west
wir laufen aus mit der Option mehrere Ziele anlaufen zu können. Ich
will versuchen großzügig über den Öresund zu Kreuzen, um doch
noch Meilen nach Süden gut zu machen. Ganze 30 min. versuchen wir
diesen Plan auch in die Tat umzusetzen aber der wahre Kurs über
Grund (GPS-Kontrolle) und die Gesundheit der Crew veranlassen mich
dem Wunsch der Chef-Navigatorin und Captains-Wife Sarah nach zu geben
und nach Norden abzudrehen. Die Option stand immer als „Notlösung“
zur Verfügung nur wollte ich nicht so schnell klein bei geben...
naja. Vor dem Wind entspannt sich alles und alle sofort. Das Schiff
läuft ruhiger und der Wind scheint abzunehmen, da wir 6 Knoten Fahrt
durchs Wasser in die gleiche Richtung vom wahren Wind subtrahieren
dürfen. Also Kurs 340° Richtung Helsingborg. Anselm gefällt seine
Ruderwache so gut, dass er das Steuer 3 Stunden lang nicht mehr aus
der Hand gibt. Ich freue mich und verzichte auf strenge Einhaltung
der Ruderwachen. Ich habe schon öfters gelesen, dass das für die
Moral der Crew nicht so gut sein soll weil es den Rhythmus an Bord zu
sehr stört. Mir ist das egal, erstens sind wir nicht so lange
unterwegs, zweitens ist er nicht so lange an Bord und soll sich mal
richtig austoben und drittens finde ich persönlich Ruderwache am
uninteressantesten an der ganzen Segelei. Ich mag das Schiff, das
basteln, die Navigation, die Gemütlichkeit an Bord und besonders
wenn ich alles top eingestellt und austariert habe und die Illub von
alleine fährt. Mit Anselm am Ruder kein Problem :-)
13:45h beschließen
wir spontan einen anderen Hafen anzusteuern. Backbord querab liegt
die Insel Ven mit einem wunderschön aussehenden kleinen Hafen –
Bäckviken. Also Motor an und Kommando Segel bergen. Der Einfachheit
wegen wollen Sarah und ich das erledigen. Es bläst immer noch mit
guten 3-4 Bf so dass ich nicht unnötig herumtüddeln möchte. „Kurs:
In den Wind“ Sarah und ich beginnen die Segel zu bergen
„Leichtmatrose Anselmovic: Kurs halten bitte!“ Doch vergebens.
Anselm hat keinen Schub von der Maschine und folgerichtig keine
Steuerfähigkeit. Mist! Werden die Segel halt nicht so ordentlich
aufgetucht. Was mich viel mehr schockt und ärgert ist das wir wieder
Motorprobleme haben! Ok. Wo driften wir hin? Wie lange bis etwas
passieren muss und wo ist die nächste Fähre, die Bäckviken
ansteuert. Wir sind klar und noch ca. 0,5 sm vor dem Hafen. Kein
Stress also. Gut. Ich spiele mit dem Gas und lasse den Motor behutsam
auf touren kommen. Dabei schaue ich auf den Tiefenmesser: 40m. Wenn
wir schon wieder den Propeller verloren haben ist er weg. Scheiße.
Dann muss ich einen Distresscall absetzen und uns schleppen lassen.
Aber der Druck am Ruder steigt, und ich kann wieder steuern. Ein
Glück! Etwas zaghaft manövriere ich die Illub in den Hafen und wir
gucken uns eine freie Box aus. Das Manöver klappt ganz gut aber
nicht so wie geplant. Ich verfehle meinen Poller mit der Leine und
wir machen nur über Steuerbord fest, denn Sarah hat getroffen. Es
stellt sich heraus das es genau so gedacht ist in diesem Hafen. Ich
hatte mich auch gewundert, denn die Poller stehen bestimmt 5 Meter
auseinander wo doch eher 3 Meter normal sind. Ich hab heute
allerdings nicht so viele Gedanken für Hafenmanöver übrig,
schnappe mir sofort die Taucherbrille und schaue mir den Propeller
an. Anselm reicht mir noch schnell den 15er Schlüssel damit ich
sofort unseren Bolzen kontrollieren kann. Ich rüttel und schüttel
und schraub (vorsichtig) an dem Bolzen (Nach 'fest' kommt 'ab') doch
alles scheint in Ordnung. Hm. War vielleicht doch nur Fehlalarm und
die liebe Illub war einfach noch nicht wach. Ich nehme mir vor die
alte Lady morgens richtig gut warm zu fahren und die Maschine erneut
15min ohne Last vor dem Segel bergen und einlaufen in einen Hafen
tuckern zu lassen. Eine weitere wichtige Erkenntnis nehme ich mit:
der Bolzen rostet! Sogar relativ schnell. Das ist in den nächsten
Tagen kein Problem aber über kurz oder Lang wird er sich festrosten
und brechen wenn man versucht ihn heraus zu bekommen. Ich muss also
Ersatz beschaffen! Wieder bin ich Anselm und Marleen sehr dankbar für
das Gastgeschenk der Taucherbrille – merci beaucoup!
Um den ganzen Schock
und die nicht erfüllten Befürchtungen wieder abzuschütteln machen
wir einen Spaziergang über die Insel Ven und sind ganz verzaubert.
Sommer in Schweden ist so schön!
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