Dienstag 16. August
Große Überfahrt
Ich laufe um 8:00h
aus mit dem ursprünglichen Ziel Bornholm. Schon letztes Jahr wollte
ich zu einer Insel weit weg von Festland – Helgoland. Dieses Jahr
soll es Bornholm werden. Kurz vorm Auslaufen habe ich mit der Heimat
telefoniert. Meine kommenden Crews haben sich verändert. Jörg fällt
aus wegen Krankheit, Inga wegen Reisemüdigkeit und Zeitmangel, dafür
haben sich Richard und Anke angekündigt und mein Vater kommt etwas
früher an Bord. Für mich bedeutet das, dass Bornholm nicht mehr
klappt. Es sind noch drei Tage bis mein Vater ankommt. Bornholm ist
aber so weit draußen im Osten das ich mir nicht zutraue rechtzeitig
wieder zurück zu sein. Vor allem weil der Wetterbericht nur
Westwinde vorhersagt... Pinne nach Backbord, Bug nach Steuerbord und
auf nach Deutschland. Auch gut. Ich freue mich; so schön ich
Schweden auch finde ist der Gedanke an die Heimat Verlockend. Ich
kann gar nicht genau sagen, was es konkret ist aber ich freue mich
auf Deutschland. Naja und diese Überfahrt ist auch nicht ohne wie
sich zeigen soll...
Es geht ca 45
Seemeilen (1sm = 1,852Km also 83Km) gerade nach Süden über die
Ostsee. Nach zwei oder drei Stunden ist kein Land mehr in Sicht. Auch
ein Traum von mir – das große Wasser! Herrlich. Von hinten zieht
Wetter auf. Ich bemerke das durchaus, nur habe ich von meinem letzten
Wetterbericht (Vorgestern) ein gutes Gefühl und erwarte kein
wirklich schlechtes Wetter. Der Himmel zieht sich zu, bleibt aber
hellgrau. Dann lässt der Wind nach und die Segel flapsen nur so
herum. Die Flaute dauert aber nicht lange an und schon kommt der Wind
zurück, diesmal aus Nord-ost statt wie bisher aus West. Für meinen
Kurs und meine Fahrtrichtung kein Problem, nur wundere ich mich dass
es immer heftiger bläst und bläst. Die Illub legt sich auf die
Seite und schon schleift meine Rehling durchs Wasser. Gleichzeitig
ist der Druck auf dem Ruder so groß, dass ich meinen Kurs Süd 180°
nicht mehr halten kann und immer weiter nach Westen abdrifte. Die
Illub ist ganz klar „overpowered“ für diesen Wind. Zu viel
Segelfläche bei zu viel Wind um richtig Fahren zu können. Also muss
ich Reffen. Gut! Denke ich mir, immerhin habe ich mir mit meiner
ersten Crew viele Gedanken ums Reff gemacht und eine extra Leine
vorbereitet. Passender weise ist die Reffleine ein rotes Kletterseil
welches mein Kumpel Manuel mir überlassen hat – rot für's Reff in
der Not. Ich freu mich schon jetzt endlich einmal einen richtigen
Einsatz dafür zu haben! Ich krabbel also auf das Schiff nach vorne
zum Mast und lege los. Die Illub ist sich während dieser Zeit selbst
überlassen. Wind und Wellen sind einfach zu viel für mein
Autopilot. Mein Schiffchen tanzt über das Wasser und Regen und
Gischt fliegen um uns herum. Ich muss an meine Familie und meine
Freunde denken, die mich immer wieder ermahnen was für ein Risiko
das Segeln alleine darstellt. Meine Reaktion ist immer die gleiche.
Es gibt nur eine Regel: Bleib an Bord! Jetzt also gut konzentrieren
und blos an Bord bleiben, es soll ja am ende keine von denen Recht
behalten dürfen.
Reffen = Verkleinern
der Segelfläche durch abbinden des unteren Teils. Ich muss also mein
Großsegel etwas herunterassen und es in spezielle Kauschen
(Metallringe) einklicken. Dann kann ich es wieder straff ziehen und
eventuell mit meinen Reffbändseln ordentlich machen. Letzter Schritt
ist aber optional.
Leider klappt es
aber nicht wie geplant. Ich vertausche Reff(stufe) 2 und 3 am Mast
und hinten am Baum löst sich ein Block (Umlenkrolle). Ich muss also
zurück ins Cockpit, den Block neu befestigen, dann zurück zum Mast
und alles von Vorne... Ich hab kein Bock mehr! Es ist außerdem
absehbar das ich dem Wind dennoch zu viel Tuch präsentieren würde.
Also nehme ich das Großsegel ganz herunter und fahre nur noch mit
meinem Vorsegel. Siehe da es klappt. Ich kann wieder einen guten Kurs
fahren, der Druck auf der Pinne lässt nach und das Schiff richtet
sich wieder einigermaßen auf. Alles super! Brave Illub!
Die ganze Aktion hat
ungefähr 20 Minuten gedauert. Eine Zeit für die mich jeder
gestandene Segler auslachen würde aber egal, dies war eben mein
erster „Sturm“ auf See. Nach etwa einer Stunde hat sich das
Wetter wieder beruhigt, nur das Meer brauch noch 3 oder 4 Stunden bis
die Wellen nachlassen. An Land schaue ich später beim Wetterdienst
nach und lese das es mit 7Bf (60Km/h) Wind im Seemannsjargon eine
„Steife Briese“ gewesen ist. Ok. Dann eben meine erste steife
Briese. Ich bin jedenfalls froh als ich fest gemacht habe und schlafe
diese Nacht sehr gut!
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