Samstag, 29. Juli 2017

Überfahrt nach Bornholm


Bah! Ich habe gemerkt, dass ich auf See nicht am Laptop sitzen kann. Mir ist etwas schlecht geworden und ich habe erst die Hälfte der Strecke geschafft! :-(

Früh am Morgen breche ich auf. Der Sonnenaufgang ist um 5:00h und ich hatte zuerst mit dem Gedanken gespielt zu der Zeit schon auf offener See zu sein. Letztendlich laufe ich um 5:30h aus. Irgendwie ist doch immer einiges zu erledigen bevor die Leinen losgeworfen werden können.
Ursprünglich wollte ich meine Windfahne benutzen doch entscheide ich mich dagegen. Beim letzten Einsatz habe ich sie nicht zum Laufen gekriegt aber festgestellt, dass das Pendelruder 0,5kn Bremswirkung hat was 1-2 Stunden Verlängerung der Überfahrt bedeutet. Ich habe keinen Bock im Dunkeln auf Bornholm anzukommen und verzichte daher auf den Genuss eines geräuschlosen, windbetriebenen Autopiloten.
Aus dem wunderschönen Morgenrot entwickelt sich ein grauer Tag mit häufigen Schauern, der erst auf Borhnholm wieder aufklaren soll. Die Fahrt beginnt mit besten Geschwindigkeiten und guten Windverhältnissen. Ich mache den Fehler am Blog schreiben zu wollen und mir wird schlecht. Danach liege ich nur noch so herum und schaue dem Wetter und dem Schwankenden Hozizont zu.
Auf halber Strecke nach Bornholm werde ich aus meiner Lethargie aufgeschreckt. Dort befindet sich ein im Bau befindlicher Offshore Windpark mit angrenzender „Caution Area“. Das liegt genau auf meinem Kurs. Ich entdecke eine schwedische Yacht, die mitten in dieses Gebiet hineinfährt. Cool, denke ich und halte Kurs. Es dauert aber nicht lange, da kommt ein Einsatzfahrzeug der Bautruppe: die Mergel-G. Ein schneller Katamaran mit Blinklicht und einer lauten Hupe. Gekonnt und fast schon militärisch wird der Schwede angehupt und vom Kurs gedrängt. Ich bin eingeschüchtert und fahre hinterher. Der Schwede nimmt noch einen Anlauf auf seinen ursprünglichen Kurs zurückzukehren und wird abermals angehupt und abgedrängt. Inzwischen habe ich mein Funkgerät eingeschaltet und scanne die verfügbaren Frequenzen. Zuerst dachte ich Kanal 16 müsste jetzt aktiv sein, doch da tut sich nichts. Erst nach dem zweiten Ausbruchsversuch des Schweden wird gefunkt; dann doch auf Kanal 16! Ich höre zu und werde Zeuge einer typischen Ausrede-Konversation:
„Restrikted area. Leave!“
„Sorry, didn‘t know.“
„It‘s in the Charts!“
„Ups! Not in mine.“
„Witch one are you using?“
„Bla bla bla“
„Pay attention! Go south! This is a resricted area!“
„Ok. But I can‘t go high on the Wind. Only got my Jib out.“
„Move!“
So in Etwa. In Wahrheit war das patrol boat am Ende sehr freundlich mit „Safe travels“ und „Have a nice day“ aber die Sprache der Schiffsmanöver und der Hupe war eindeutig: "Raus hier und zwar zackig! Andere Leute müssen hier arbeiten."
Als der Schwede aus der Gefahrenzone war und Kurs auf Bornholm nimmt, wendet sich das patrol boat mir zu. Wir Funken direkt miteinander, ich bekomme keine Belehrung, werde aber trotzdem bis zur Tonne aus der Zone eskortiert. Das ganze ist deutlich im Bild oben zu erkennen :-)

Kurze Zeit später kommt mir die Bornholm-Sassnitz Fähre entgegen und ich muss an meinen Onkel und meine Tante denken, die wahrscheinlich an Bord sind und ihren Urlaub gerade beenden. Wieder eine Lektion im Segeln gelernt bzw. wiederholt: You can‘t rush sailing.
Die letzten Stunden werden lang. Nach der Aufregung im Windpark und der rasend schnellen Fähre, erinnere ich mich im Entspannen wieder daran, dass mir unwohl vom Laptop war. Essen und Trinken hilft nur wenig und ich ende mit meinem Roman liegend und lesend im Cockpit. Schaukeln, Nassregnen, Trocknen, Liegen, Positionsbestimmung, Rundumblick und wieder von vorne.
Vor dem Hafeneingang von Rønne wird es noch einmal spannend. Ich sehe ein kleines rotes Segelschiffchen von etwas weiter im Süden kommend, was noch vor mir an den Molenköpfen vorbei huscht. Dann entdecke ich die Gigantische Fähre, die gerade ausläuft. Das rote Segelboot muss schnell ausweichen und gerät fast in Fischfallen, wie mir Skipper Marcel später erzählt. Ich entscheide mich die Segel doch draußen im unruhigen Meer runter zu nehmen und das Ungetüm von Fähre in Ruhe passieren zu lassen. In dem riesigen Hafen von Rønne muss ich mich erst einmal orientieren. Am Ende finde ich ein Plätzchen direkt neben dem roten Segler von zuvor. Es ist die Avalon II von Marcel und Kathi. Die beiden helfen mir auch netter Weise beim Anleger im engen Hafen.

Geschafft! Meine längste Fahrt über offenes Wasser auf meine erste Hochseeinsel. Ich mache Klarschiff und muss an Land. Gesund werden und mich orientieren. Ich laufe durch das Städtchen und den Hafen; auch auf der Suche nach dem Hafenbüro. An Bord zurück, werde ich direkt eingeladen. Marcel und Kathi von der AvalonII haben gegrillt, sind pappsatt und haben noch Hausmacherbratwurst vom Schwiegervater. Klaro! Gerne, danke!

Wir sitzen lange zusammen, reden über unsere Jobs, unsere (Patchwork-)Familien, Hochzeiten und natürlich Segelboote, Reviere, Technik und Strategie. Eigentlich immer das Selbe aber doch immer wieder spannend. Wieder einmal bin ich sehr von der Selgler community angetan - durch die Bank nette Leute!

0500h in Glowe

Ein Blick zurück...

...und auf zu neuen Ufern!



Frohen mutes fängt er an zu Tippen...

...und verliert dann doch recht schnell die Fassung.

Arbeitsboot Mergel-G was den Schweden und mich ganz schnell wieder auf Kurs gebracht hat.

Land in Sicht!

Raus aus den Klamotten...

...eben Bescheid geben, dass ich heile angekommen bin...

...und schnell an Land wieder 'gesund werden'. Wenn ich seekrank werde (wobei heute höchstens als leichtes Unwohlsein zu Protokoll geht) kann ich erst an Land wieder richtig gesund werden - unpraktisch.

So einer Katamaran Highspeed Fähre macht man besser Platz. Wer genau hinschaut findet ein Segler links vor der Einfahrt der ordentlich Weggehupt wurde. Im Grunde meine Situation von vorhin, nur das dieser Skipper schmerzfrei auf seine theoretische Vorfahrt gepocht hat. 
Schlechter Stil wenn man mich fragt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen