Mittwoch, 2. August 2017

Hammerhavnen – Sandvig – Christiansø

Es regnet und ich verbringe den ganzen Vormittag am Laptop. Hier im nagelneuen Hammerhavnen ist das Wlan so gut, dass ich für Euch schreiben und Fotos hochladen kann. Abens streame ich sogar ein bisschen Fehrnsehen! Es ist verrückt auf der Illub zu chillen und die Video-Blogs von anderen Seglern zu sehen.
Nachdem ich die letzten Tage niedergeschrieben, Kartenausschnitte kopiert und Fotos ausgesucht habe wird es mir zu viel. Das Wetter ist auch besser geworden und so mache ich mich auf, den Trail etwas zu erkunden, den Thomas ja eigentlich ganz laufen wollte. Es geht entlang der Küste und man teilt sich das Gelände mit jeder Menge Schafen und Kühen. Ein Bootsnachbar, mit dem ich ein wenig über die Windsteueranlage philosophiert habe, hat mit den Tip verraten im alten Steinbruch zu schwimmen. Sowohl das Hammerhus, die Festung auf Christiansø und Teile des NOK (Nord-Ostsee-Kanals) sind mit Granit von Bornholm aus diesem Steinbruch gebaut worden. Der See wirkt etwas komisch da er rechte Winkel hat. Ich entdecke eine Steilbahn, die den kompletten See überquert und von fast 100m Höhe startet. Sieht sehr witzig aus und am Ende ist man so schnell, dass man barfuß Wasserski laufen kann! ...wenn man es denn kann. Die Leute, die ich gesehen habe sind immer ziemlich wild aufgeschlagen. Allerdings ist man in einem Klettergurt plus Torsoharnisch, so dass man sich nur ein bisschen verrenkt :-)
Für diejenigen, die ca. 30€ ein bisschen viel finden, aber trotzdem etwas Nervenkitzel haben wollen gibt es die nackten Klippen. Der Vorteil an so einem Steinbruch ist ja, das man sicher weiß, wie die Bruchkanten verlaufen. Es gibt einen schönen Absprungpunkt, an dem sich die Jugend zur Mutprobe versammelt hat. Ich probiere einmal und würde an Hand der Fußsolen-Aufschlags-Skala schätzen, das es weniger als 10m und deutlich mehr als 5m hoch ist. Nach diesem Test nutze ich den zweiten Sprung für ein Kunststück denn nach den vielen Klippen in Canada, den Alpen und Pyrenäen, die ich mit meinen Brüdern heruntergesprungen bin kitzelt mich so ein ganz normaler Sprung – gerade aus, Füße zuerst, nicht mehr wirklich ;-) Am Ende bin ich froh, das es gelingt, ich ein kleines bisschen Herzklopfen hatte und ich mir nichts verrenkt habe (auch schon vorgekommen). Als Belohnung bekomme ich noch Komplimente von zwei jungen Mädels im Wasser. Ich stehe zwar kurz vor der eigenen Hochzeit aber eine kleine Bestätigung des eigenen Marktwertes tut doch immer wieder gut. Man soll gehen wenn die Party am besten ist und das mache ich auch.
Um jetzt noch weiter zu fahren bin ich zu faul. Ich gucke Fernsehen und muckel mich in die Koje ein – toll!


Auf dem Trail, die Küste entlang
Hammersø mit Seilbahn

Fernsehn und ab ins Bett!




Ich stehe zeitig auf. Die Fahrt nach Sandvig ums nördliche Kap der Insel ist nur kurz aber ich muss zum Supermarkt und vor allem Brot einkaufen, welches mir schimmelig geworden ist. Nach einer windgesteuerten Stunde hole ich die Segel rein, schwitze mal wieder ein bisschen bei der Hafeneinfahrt. Diesmal allerdings weil der Nachbar von Gestern von einem Stein in der Einfahrt und dem überhaupt sehr flachen Hafen erzählte. Mir bleiben am Ende ca. 30cm Wasser unterm Kiel aber der Anleger gelingt und ich schwimme noch. Auch dieser Hafen ist sehr schön und gemütlich und ich lerne direkt nette Nachbarn kennen. In diesem Fall Motorbootfahrer. Das ist eher selten, fragt mich nicht warum, und ein schwedisches Paar mit Säugling. Die drei sind auf einem 22Fuß Schiffchen unter Wegs! Die ganze Atmosphäre und die netten Leute laden mich ein zu bleiben aber nach einer Stunde auf dem Wasser ist so ein herrlich sonniger Tag mit leichtem Wind noch nicht zu Ende; das wäre Verschwendung!



Der Hafen von Sandvig

Auf dem Weg zum Supermarkt

Ich nutze das leckere Hafenwasser, überwinde meinen inneren Schweinehund und tauche unter das Schiff. Zum einen will ich unbedingt meine Schiffschraube kontrollieren, die ich letzte Saison reparieren musste. Alles fest und so wie es sein soll! Zum anderen nehme ich mir einen Spachtel und kratze die Seepocken ab, die sich schon fleißig am Rumpf eingenistet haben. Ein gutes Gefühl!
Und schon legt die Illub wieder ab. Kurs 80°, Ziel Christiansø.
Die Fahrt ist herrlich, so wie segeln im Bilderbuch! Komplett windgesteuert, lese, chille, telefoniere und esse ich bis der Hafen erreicht ist. Insgesamt beherrsche ich mein Schiffchen immer besser und bin auch relaxter was fremde Häfen angeht. Im Dunkeln will ich so etwas zwar immer noch nicht machen aber bei Tag komme ich nur noch selten in Stress. Das Hafenbecken ist recht klein und zwischen zwei Teilen der Insel gelegen, die durch eine Brücke verbunden sind. Im Nordhafen hält die Fähre, im Südhafen die Fischer und Freizeitboote. Ich drehe bestimmt vier Runden, bis ich alle Segel, Fender und die Festmacherleinen parat liegen habe. Hier gibt es Mooringbojen, also kleine Ballons mit einer Metallöse oben. Diese muss man im Vorbeifahren mit dem Bootshaken einfangen und seine Achterleine hindurch fädeln und rechtzeitig das Schiff aufstopppen, damit der Steg nicht gerammt wird. Das alles in zügigem Tempo, da mich der Seitenwind sonst abtreibt und in andere Schiffe drückt. Das Manöver gelingt so gut, dass mich ein alter schwedischer Seebär lobt: „Verry skillfull!“ Ich bin ganz stolz und mache beschwingt Klarschiff.
An dieser Stelle möchte ich Euch, meiner lieben Leserschaft, versprechen, dass ich im nächsten Jahr nicht mehr so viel über Anlegemanöver sprechen will. Irgendwann ist Einparken mit dem Auto ja auch normal geworden. Derzeit bin ich aber immer noch so froh und erleichtert, wenn es klappt, dass ich auch das hundertste Manöver nicht unerwähnt lassen kann!

Christiansø ist wie eine Zeitreise. Bin ich doch schon im Hammerhaven zum treuen Vasall des Burgherrn von Hammerhus geworden, der mit seiner Schaluppe die neuesten Edikte ins Reich trägt. So setzt diese Umgebung noch einen drauf. Winzige, windschiefe Häuschen, liebevoll restauriert, Gärten versteckt hinter Mäuerchen und der zentrale Verteidigungs- und Leuchtturm erzeugen eine mittelalterliche Inselidylle, die ihres gleichen sucht. Für einen Film müsste man nur die Touristen und modernen Yachten entfernen, der Rest ist seit Urzeiten unverändert. Unten im Leuchtturm kann man allerhand über die Insel erfahren. Ich staune, dass mir dieses Inselchen komplett unbekannt war. Hätte Marcel von der AvalonII sie nicht erwähnt, ich wäre fast nicht hingefahren. Im wesentlichen haben sich die Briten und die Dänen vor 200 Jahren um die Insel gestritten. Hier kann man, als einer von insgesamt drei dänischen Häfen, große Schiffe Kielholen und das Unterwasserschiff ausbessern. Zu Zeiten von Holzschiffen, die faulig werden können, eine wichtige Angelegenheit. Außerdem war die Insel Zuflucht für halblegale dänische Piraten. Die haben geplündert und wenn die Verfolger zu stark waren ist man schnell in Reichweite der Kanonen von Christiansø gesegelt. Die waren so mächtig und treffsicher, dass jedes Kriegsschiff das Weite suchen musste.

So stromer ich über die Insel, bis ich merke, wie müde ich bin und schon früh ins Bett gehe. Gut so, denn die Nacht wird sehr unruhig. Der Wind dreht auf Süd und der Schwell (Wellen) steht genau in den Hafen. An so einer Mooringboje ist es fast wie vor Anker und so stehe ich alle 2-3 Stunden auf um Leinen zu kontrollieren und Dinge, die zu doll klappern, fest zu laschen. Besonders die Fallen (Seile den Mast hoch und runter) klappern je nach Windrichtung und -stärke anders. Außerdem stelle ich fest, dass man am besten auf dem Rücken schläft wenn man alle viere von sich streckt. Nur so kann man die Muskeln einigermaßen entspannen und an der gleichen stelle liegen bleiben. Zum Glück bin ich nicht auf See – gute Nacht.







Man kann sehen, wie Nord- und Südhafen durch die Brücke getrennt werden.

Zurück im Mittelalter!

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