Es
regnet und ich verbringe den ganzen Vormittag am Laptop. Hier im
nagelneuen Hammerhavnen ist das Wlan so gut, dass ich für Euch
schreiben und Fotos hochladen kann. Abens streame ich sogar ein
bisschen Fehrnsehen! Es ist verrückt auf der Illub zu chillen und
die Video-Blogs von anderen Seglern zu sehen.
Nachdem
ich die letzten Tage niedergeschrieben, Kartenausschnitte kopiert und
Fotos ausgesucht habe wird es mir zu viel. Das Wetter ist auch besser
geworden und so mache ich mich auf, den Trail etwas zu erkunden, den
Thomas ja eigentlich ganz laufen wollte. Es geht entlang der Küste
und man teilt sich das Gelände mit jeder Menge Schafen und Kühen.
Ein Bootsnachbar, mit dem ich ein wenig über die Windsteueranlage
philosophiert habe, hat mit den Tip verraten im alten Steinbruch zu
schwimmen. Sowohl das Hammerhus, die Festung auf Christiansø und
Teile des NOK (Nord-Ostsee-Kanals) sind mit Granit von Bornholm aus diesem Steinbruch gebaut worden. Der See wirkt etwas komisch da er rechte Winkel hat. Ich entdecke eine Steilbahn,
die den kompletten See überquert und von fast 100m Höhe startet.
Sieht sehr witzig aus und am Ende ist man so schnell, dass man barfuß
Wasserski laufen kann! ...wenn man es denn kann. Die Leute, die ich
gesehen habe sind immer ziemlich wild aufgeschlagen. Allerdings ist
man in einem Klettergurt plus Torsoharnisch, so dass man sich nur ein
bisschen verrenkt :-)
Für
diejenigen, die ca. 30€ ein bisschen viel finden, aber trotzdem
etwas Nervenkitzel haben wollen gibt es die nackten Klippen. Der
Vorteil an so einem Steinbruch ist ja, das man sicher weiß, wie die
Bruchkanten verlaufen. Es gibt einen schönen Absprungpunkt, an dem
sich die Jugend zur Mutprobe versammelt hat. Ich probiere einmal und
würde an Hand der Fußsolen-Aufschlags-Skala schätzen, das es
weniger als 10m und deutlich mehr als 5m hoch ist. Nach diesem Test
nutze ich den zweiten Sprung für ein Kunststück denn nach den
vielen Klippen in Canada, den Alpen und Pyrenäen, die ich mit meinen
Brüdern heruntergesprungen bin kitzelt mich so ein ganz normaler
Sprung – gerade aus, Füße zuerst, nicht mehr wirklich ;-) Am Ende
bin ich froh, das es gelingt, ich ein kleines bisschen Herzklopfen
hatte und ich mir nichts verrenkt habe (auch schon vorgekommen). Als
Belohnung bekomme ich noch Komplimente von zwei jungen Mädels im
Wasser. Ich stehe zwar kurz vor der eigenen Hochzeit aber eine kleine
Bestätigung des eigenen Marktwertes tut doch immer wieder gut. Man soll gehen wenn die Party am besten ist und das mache ich
auch.
Um
jetzt noch weiter zu fahren bin ich zu faul. Ich gucke Fernsehen und
muckel mich in die Koje ein – toll!
Fernsehn und ab ins Bett!
Ich
stehe zeitig auf. Die Fahrt nach Sandvig ums nördliche Kap der Insel
ist nur kurz aber ich muss zum Supermarkt und vor allem Brot
einkaufen, welches mir schimmelig geworden ist. Nach einer
windgesteuerten Stunde hole ich die Segel rein, schwitze mal wieder
ein bisschen bei der Hafeneinfahrt. Diesmal allerdings weil der
Nachbar von Gestern von einem Stein in der Einfahrt und dem überhaupt
sehr flachen Hafen erzählte. Mir bleiben am Ende ca. 30cm Wasser
unterm Kiel aber der Anleger gelingt und ich schwimme noch. Auch
dieser Hafen ist sehr schön und gemütlich und ich lerne direkt
nette Nachbarn kennen. In diesem Fall Motorbootfahrer. Das ist eher
selten, fragt mich nicht warum, und ein schwedisches Paar mit
Säugling. Die drei sind auf einem 22Fuß Schiffchen unter Wegs! Die
ganze Atmosphäre und die netten Leute laden mich ein zu bleiben aber
nach einer Stunde auf dem Wasser ist so ein herrlich sonniger Tag mit
leichtem Wind noch nicht zu Ende; das wäre Verschwendung!
Auf dem Weg zum Supermarkt
Ich
nutze das leckere Hafenwasser, überwinde meinen inneren Schweinehund und tauche unter das Schiff. Zum einen will ich unbedingt meine
Schiffschraube kontrollieren, die ich letzte Saison reparieren
musste. Alles fest und so wie es sein soll! Zum anderen nehme ich mir
einen Spachtel und kratze die Seepocken ab, die sich schon fleißig am
Rumpf eingenistet haben. Ein gutes Gefühl!
Und
schon legt die Illub wieder ab. Kurs 80°, Ziel Christiansø.
Die
Fahrt ist herrlich, so wie segeln im Bilderbuch! Komplett
windgesteuert, lese, chille, telefoniere und esse ich bis der Hafen
erreicht ist. Insgesamt beherrsche ich mein Schiffchen immer besser
und bin auch relaxter was fremde Häfen angeht. Im Dunkeln will ich
so etwas zwar immer noch nicht machen aber bei Tag komme ich nur noch
selten in Stress. Das Hafenbecken ist recht klein und zwischen zwei
Teilen der Insel gelegen, die durch eine Brücke verbunden sind. Im
Nordhafen hält die Fähre, im Südhafen die Fischer und
Freizeitboote. Ich drehe bestimmt vier Runden, bis ich alle Segel,
Fender und die Festmacherleinen parat liegen habe. Hier gibt es
Mooringbojen, also kleine Ballons mit einer Metallöse oben. Diese
muss man im Vorbeifahren mit dem Bootshaken einfangen und seine
Achterleine hindurch fädeln und rechtzeitig das Schiff aufstopppen,
damit der Steg nicht gerammt wird. Das alles in zügigem Tempo, da
mich der Seitenwind sonst abtreibt und in andere Schiffe drückt. Das
Manöver gelingt so gut, dass mich ein alter schwedischer Seebär
lobt: „Verry skillfull!“ Ich bin ganz stolz und mache beschwingt
Klarschiff.
An
dieser Stelle möchte ich Euch, meiner lieben Leserschaft, versprechen,
dass ich im nächsten Jahr nicht mehr so viel über Anlegemanöver
sprechen will. Irgendwann ist Einparken mit dem Auto ja auch normal
geworden. Derzeit bin ich aber immer noch so froh und erleichtert,
wenn es klappt, dass ich auch das hundertste Manöver nicht unerwähnt
lassen kann!
Christiansø
ist wie eine Zeitreise. Bin ich doch schon im Hammerhaven zum treuen
Vasall des Burgherrn von Hammerhus geworden, der mit seiner Schaluppe
die neuesten Edikte ins Reich trägt. So setzt diese Umgebung noch
einen drauf. Winzige, windschiefe Häuschen, liebevoll restauriert,
Gärten versteckt hinter Mäuerchen und der zentrale Verteidigungs-
und Leuchtturm erzeugen eine mittelalterliche Inselidylle, die ihres
gleichen sucht. Für einen Film müsste man nur die Touristen und
modernen Yachten entfernen, der Rest ist seit Urzeiten unverändert.
Unten im Leuchtturm kann man allerhand über die Insel erfahren. Ich
staune, dass mir dieses Inselchen komplett unbekannt war. Hätte
Marcel von der AvalonII sie nicht erwähnt, ich wäre fast nicht hingefahren. Im
wesentlichen haben sich die Briten und die Dänen vor 200 Jahren um
die Insel gestritten. Hier kann man, als einer von insgesamt drei
dänischen Häfen, große Schiffe Kielholen und das Unterwasserschiff
ausbessern. Zu Zeiten von Holzschiffen, die faulig werden können,
eine wichtige Angelegenheit. Außerdem war die Insel Zuflucht für halblegale dänische Piraten. Die haben geplündert und wenn die Verfolger zu stark waren ist man schnell in Reichweite der Kanonen von Christiansø gesegelt. Die waren so mächtig und treffsicher, dass jedes Kriegsschiff das Weite suchen musste.
So
stromer ich über die Insel, bis ich merke, wie müde ich bin und
schon früh ins Bett gehe. Gut so, denn die Nacht wird sehr unruhig.
Der Wind dreht auf Süd und der Schwell (Wellen) steht genau in den
Hafen. An so einer Mooringboje ist es fast wie vor Anker und so stehe
ich alle 2-3 Stunden auf um Leinen zu kontrollieren und Dinge, die zu
doll klappern, fest zu laschen. Besonders die Fallen (Seile den Mast
hoch und runter) klappern je nach Windrichtung und -stärke anders.
Außerdem stelle ich fest, dass man am besten auf dem Rücken
schläft wenn man alle viere von sich streckt. Nur so kann man die
Muskeln einigermaßen entspannen und an der gleichen stelle liegen
bleiben. Zum Glück bin ich nicht auf See – gute Nacht.
Man kann sehen, wie Nord- und Südhafen durch die Brücke getrennt werden.
die schlafhaltung aufm ruecken wird "seestern" genannt :)
AntwortenLöschen