Sarah
kommt pünktlich und wie verabredet mit der Bahn in Sassnitz an. Die
Freude ist groß, immerhin haben wir uns drei Wochen nicht gesehen
;-)
Ich
finde es immer wieder herrlich, wie selbstverständlich sie sich auf
der Illub bewegt, alle Plätze für die Dinge kennt, und die Namen
und Knoten der entsprechenden Leinen weiß. Sie selber ist immer ein
wenig Schüchtern mit ihrem Segel-Know-How aber mir ist sie eine
große Hilfe. Die Winde stehen gut und so beschließe ich unter Segel
den Hafen zu verlassen. Wir wollen nach Lohme ein Stück um die
Kreideküste herum. Den Motor starte ich zwar und benutze ihn auch um
aus der Box heraus zu kommen, danach werden aber alle Manöver unter
Segel gefahren. Im Hafen ist noch alles ruhig und klar, das Wasser im
Schutz der Mole bewegt sich wenig und die Ausflugsdampfer fahren
artig um uns Segeler herum; Segelfahrzeug vor Motorfahrzeug. Draußen
ist es dann schon nicht mehr ganz so chillig. Aus den 4 Windstärken
werden stellenweise 5 und die See türmt sich auch immer höher.
Sarah findet das nur noch bedingt entspann. Sie ist sehr froh einfach
nur Salzstangen zu mümmeln und Passagier sein zu können. Ich
probiere eine Weile mit der Windsteueranlage herum, bin aber nur
mäßig zufrieden mit dem Ergebnis. Die Wellen sind zu hoch und die
Illub schiebt zu viel Lage, so dass das Servoruder immer wieder aus
dem Wasser kommt und somit kurzzeitig keine Kraft hat. Dadurch können
wir unseren Kurs nicht genau halten. Weit draußen auf dem Meer ist
das nur eine Frage wie schnell man ankommen möchte, vor den
Kreidefelsen Rügens nicht. Täglich fahren die Touri-Dampfer an die
Kreideküste, den Kaiserstuhl und das Kap Arkona, genau auf unserer
Strecke. Besser gesagt sind wir genau auf deren Strecke. Hinzu kommen
die großen Fähren nach Schweden, Dänemark, Finnland und Lettland,
die alle von Sassnitz aus abgehen. Wir müssen Kreuzen um Lohme zu
erreichen. Das ist nett um die Felsen zu begucken aber gleichzeitig
so, als wenn wir eine Hauptverkehrsstraße immer wieder kreuzen und
dabei Schaufenster begucken.
Einmal
wird mir richtig mulmig. Wir haben gerade eine Wende gemacht und
entfernen uns wieder von der Küste, um im nächsten Schlag ums Kap
herum zu kommen. Dann entdecke ich in noch beträchtlicher Entfernung
eine Scandlines Fähre, wahrscheinlich auf den Weg nach Trelleborg in
Schweden. Ich habe schon mal erwähnt wie schwierig das Einschätzen
von Entfernungen, Winkeln und Geschwindigkeiten auf dem Wasser ist.
Normalerweise denkt man: „Das wird jetzt aber knapp“ und es
stimmt nie. Hier wurde es immer knapper und knapper und ich denke
mir: „ Scheiße! Der muss doch jetzt was machen. Ich habe
schließlich Vorfahrt und bin schon lange hier auf meinem Kurs!“
Aber der Kapitän der Fähre ist eiskalt und hält drauf. Mein
Problem ist, das wir auch nicht mehr ausweichen können. Die Fähre
ist mindestens dreißig Meter breit und wir sind genau vor Ihr. Eine
Wende dauert viel zu lange und wir verlieren komplett unsere
Geschwindigkeit. Eine Kursänderung von ein paar Grad wären vorhin
möglich gewesen, verschlechtern die Situation momentan aber auch nur
noch. Also stur Kurs halten, auf meine Vorfahrt pochen und hoffen das
der Kapitän uns sieht und genügend Übersicht und Seeraum zum
Manövrieren hat.
Ich
glaube Sarah hat gar nicht so genau hingeschaut. Mir wurde jedenfalls
ganz anders als diese gigantische Fähre direkt auf uns zukommt. Und
das mit mindestens der vierfachen Geschwindigkeit von uns und einem
langen Reaktionsweg. Am Ende sind wir doch noch so gerade vor der
Fähre hergefitscht und ich unterstelle dem Kapitän mal, dass er das
genau gesehen und gewusst hat; er ist nämlich kein Grad von seinem
Kurs abgewichen.
Unter
einigem Geschaukel nähern wir uns Lohme und ich beschließe die
Illub erst im Hafenbecken Hafenfein zu machen und unter Segel
einzulaufen. Klar ist das nicht ohne Nervenkitzel: fremder Hafen,
recht viel Wind und keine Ahnung wie die Boxen, Slips oder Stege
aussehen. Aber ich habe ja meine bewährte erste Offizierin und
Captain‘s wife Sarah mit an Bord, von daher mache ich das einfach
;-)
Siehe
da, es klappt wie am Schnürchen. Im Hafen ist es ruhig, Sarah
übernimmt das Steuer und ich berge die Segel, dann übernehme ich
wieder und mache die Achterleinen klar währen Sarah die Fender
raushängt und sich mit den Vorleinen befasst. Butterweich biegen wir
in die Box, ich erwische den Dalben in Luv und Sarah gibt souverän
Abstände bis zum Steg durch, so dass wir passend aufstoppen können.
Danach nur noch ein wenig getüddel mit den Leinen bis alles genau so
ist wie es sein soll und es ist geschafft. Heute gab es ein kleines
Mädchen, die uns gebannt zugeschaut hat. Die Mutter meinte dann
auch: „Es ist so schön wie ihr zwei das macht.“ Dankeschön!
Der
Hafen ist sehr schön und sicherlich 50m unterhalb des eigentlichen
Dorfes gelegen. Es gibt neben dem Hafengebäude mit Hafenmeister, WC
und Duschen eine große Feuerstelle mit Campingmöglichkeit für
Kanuten. Der Abend wird windstill und nachdem wir mit Hilfe des
Wetterberichtes beschlossen haben, unsere gemeinsame Zeit über hier
zu verbringen, gesellen wir uns zum Lagerfeuer. Neben dem
Hafenmeister, ein paar Holländischen Hobbyfischern und Yachties
lernen wir Jörn mit seiner Frau von der „Big Dad“ kennen und
später noch die beiden Mädchen, die mit dem Seekajak Rügen
umrunden. Die „Big Dad“ liegt im Nachbarverein in Wismar und ich
nutze die Chance mir ein paar Tips für den Rückweg geben zu lassen.
Die Herausforderung besteht in dem langen Stück Küste zwischen
Rügen und Warnemünde. Zusätzlich kommen die Winde eher aus West.
Ich denke daran, dass die Segelzeit langsam zu Ende geht und es formt
sich der Plan die Tour nach Hause in einem einzigen Schlag zu machen.
Es muss nur noch ein passendes Wetterfenster her…
Sarah
und ich sind jedenfalls froh eine Entscheidung für unsere gemeinsame
Zeit getroffen zu haben. Das Wetter wird leider nicht so rosig und
deshalb planen wir uns einzumuckeln und „Ferienhaus“ in Lohme zu
spielen.
Es ist aufgeräumt und geputzt, jetzt noch ein bisschen Tippen und ich bin bereit für meine Liebste.
Am Freitag, bevor wir auslaufen, gehen wir noch spontan in das Museums U-Boot.
Auslaufen unter Segel.
Die Verlobung von letztem Jahr haben wir auch noch einmal nachgespielt ;-)
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