Sonntag
06.08
Ich
vertrödel den Morgen fast komplett. Irgendwie habe ich den
Wetterbericht nicht ganz richtig interpretiert und mir wenig Gedanken
um die Karte gemacht. Plötzlich stelle ich fest, dass es an der
Südseite der Insel eigentlich keine Häfen gibt. Dort ist Arnager
beim Flughafen, ein winziger Hafen. Ich bin mir nicht mal sicher ob
ich rein gepasst hätte mit 1,2m Tiefgang und außerdem liegt das
fast in Sichtweite von Rønne. Was die Südseite in meinen Augen
zusätzlich unattraktiv macht ist der Militärstützpunkt, nebst
Sperr- und Schießgebieten auf dem Wasser. Obwohl ich die Regeln
kenne bleibt immer eine Restunsicherheit ob ich durch diese oder jene
Zone durchsegeln darf. Hat man ja auf dem Weg hier her gemerkt mit
der Caoution area bei den Windmühlen.
Der
Wind steht günstig auf West für eine Überfahrt nach Polen – aber
das ist weit! Fast 70sm bis Kolberg oder Dziwnow wenn ich etwas nach
Westen steuern kann. Ich versuche lieber nach Arnager oder Rønne zu
Kreuzen und wenn es geht noch weiter nach Norden zurück nach Hasle.
Im Grunde unter zwanzig Meilen, wenn ich Kreuze vielleicht 30, bis
Hasle dann 40. OK, los!
Der
Wind ist nicht so stark wie Gestern, dafür aber leider sehr böig.
Die Windfahne kommt damit nicht gut zurecht und wir verlieren immer
einiges an Geschwindigkeit und unseren Kurs wenn uns eine Böe packt
und die Illub anluvt (in den Wind lenkt). Also steuere ich viel
selber und nutze die WF nur um mich mit Essen usw. zu versorgen. Um
12:00h ist die Südspitze der Insel erreicht und und wir verlassen
die Landabdeckung. Innerhalb von zehn Minuten steigern sich Wind und
vor allem Wellen deutlich. Ich bin mir sicher längst in der
vorhergesagten 2m Zone zu sein. Wenn nicht sogar mehr. Man hat das
Gefühl durch ein Gebirge zu fahren. Ich war vorher schon nass und
jetzt muss ich den Niedergang dicht machen, nachdem zwei besondere
Wellen Lieterweise Gischt und Wasser unter Deck gespült haben. Ich
finde es ungemütlich, aufregend und bin wieder mal ganz angetan
davon wie meine Illub auch diese Bedingungen meistert. So muss es auf
hoher See sein! Wenn man von Bornholm absieht ist das nächste Land
mindestens 100km weit entfernt und die Wellen haben lange Zeit sich
aufzutürmen und in Wallung zu kommen. Tun sie auch.
Ich
habe mir einen Wegpunkt ausgemessen und Wendewinkel überlegt um
heute um die Insel herum zu kommen. Irgendwann ist meine Geduld am
Ende und ich meinte auch den Wendepunkt erreicht zu haben, da fahre ich meine
Wende. Leider mit super enttäuschendem Ergebnis. Ich komme im Grunde
kaum vorwärts. Ich muss mehr als 3 Meilen Segeln um etwas weniger
als 1 Meile in meine gewünschte Richtung Westen zu kommen. Ich
möchte gerne 15 Meilen nach Westen, das heißt also 45 Meilsen
Kreuzen bei einer Geschwindigkeit von ca. 5 Knoten ergibt das eine Fahrzeit von
9 Stunden. Das alles gegen 5-6 Windstärke mit 2m Wellen gegen an.
...ich
drehe doch lieber um und versuche mein Glück an der Nordspitze der
Insel. Schön ist ja, dass man bei viel Wind auch schnell fährt. Am
Ende wird mir der Tag aber doch ganz schön lang. Die, bei Westwind
einsetzende, Strömung am Nordkap habe ich natürlich nicht
mitbedacht und abgesehen davon komme ich erst gar nicht in die Nähe.
Ich komme zwar auf Höhe des Kaps, bin aber noch viel zu weit im
Osten. Na gut! Dann schaffe ich es halt nicht. Ich mache eine Wende
und steuere Gudhjem an. Trotzdem war es ein interessanter und
lehrreicher Tag. Wichtigste Lektion: Bei starkem Wind und Wellen kann
man sich nur im Hafen verstecken oder eben mitfahren. Gegen an haben
die Illub und ich keine Chance.
Als ich
nach 9 Stunden auf dem Wasser endlich den Hafen erreiche, bin ich
einigermaßen erledigt. Jeder Handgriff wird schwieriger je mehr Wind
und Wellen das Schiffchen tanzen lassen. Zum Glück bin ich die
meiste Zeit unter Landabdeckung gefahren, hatte also kräftigen Wind,
aber vergleichsweise stilles Wasser. „Still“ ist natürlich
relativ. Den ganzen Tag über bin ich in unregelmäßigen abständen
Geduscht worden. Eine von Tausend Wellen geht immer über die
Bordwand und klatscht einem mit voller Wucht ins Gesicht oder in den
Nacken oder ins Schiff wenn man nicht aufpasst. Es war der erste Tag
an dem ich die Luken zum Schiff zu machen musste!
Im
Hafen ist es eng und gemütlich. Es sind nur wenige draußen gewesen.
Die meisten haben etwas mehr Erfahrung als ich, müssen nicht mehr so
viel Ausprobieren und wissen wann es sich lohnt für eine schöne
Fahrt den Hafen zu verlassen. Ich fand den Tag trotzdem gut, auch
wenn ich keines meiner Ziele erreicht und sogar etwas Equipment im
Wind verloren habe.
Witziger
weise ist der letzte freie Platz im Hafen wie für mich gemacht.
Hinter einer, mir aus Sandvig bekannten Motoryacht, ist ein Platz
frei und dann kommen die „Axt“ von Julius und die „Avanti“
von Klaus-Peter a.k.a. K-P. K-P hatte mir in Hammer Havnen von dem
Steinbruch-See erzählt und nimmt zusammen mit dem Motorboot Skipper
meine Leinen an. Gut! Denn es ist mega eng und Windet noch doll.
Zusätzlich ist es mal wieder eine neue Parksituation, die ich in
dieser Form auch noch nie hatte. Anstatt der Mooringbojen sind die
Mooringleinen einfach an der Kaimauer. Man fährt also vor und muss
sich die Leine vom Bug angefangen zum Heck vom Hafenbecken hochholen.
Ende gut alles gut.
Julius
und K-P finden sich nach dem Abendessen auf der Illub ein. Am Ende
trefft man sich eben auf der Illub – so ein gastliches Schiff meine
kleine Illubovic!
Julius
ist gerade fertig mit dem Abi, kommt aus einer gut betuchten
Seglerfamilie und hat sein eigenes Schiff, mit dem er sich bald mit
der Familienyacht irgendwo trifft. K-P ist Sonderpädagoge und mit
seiner 33-Fuß Yacht im 6 Wochen Sommerferien Modus. Beide kennen
sich schon lange. Die Ostsee ist scheinbar doch nicht so groß und
wenn man hier oben Wohnt und oft raus kann, läuft man sich wohl über
den Weg. Julius hat sein Boot in Masholm an der Schlei und K-P nicht
weit bei Kiel in einem obskuren kleinen Vereinshafen. Irgendwie
sitzen wir dann trotz des langen Tages noch bis nach 1:00h zusammen
und erzählen Segelgeschichten. Ich nutze die Zeit mich ganz als
Anfänger zu geben und die beiden übertreffen sich gegenseitig mir
ihr Wissen über Segeltrimm, Rigging weiter zu geben. Ich lerne
einiges wie sich am folgetag zeigen soll.
Die "Axt" von Julius, die Illub und die "Unawatuma" der freundlichen Motoristen.
K-P mit seiner "Avanti" läuft als erster aus.
Montag
07.08.2017
Ursprünglich
wollte ich zwischen 10:00 und 11:00h auslaufen, um gegen 13:00h oben
am Kap zu sein, da die Winde drehen sollen und ich dann mein
günstiges Zeitfenster gesehen habe. Sowohl Julius als auch
Laberschädel K-P raten mir früher zu fahren und ich beherzige ihren
Input. Um 9:15h habe ich bereits den Hafen verlassen und Segel mit
Motorunterstützung auf das Nordkap der Insel zu. Heute kann ich es
mir nicht leisten die Westseite nicht zu erreichen, denn morgen ist
der einzige Tag mit östlichem Wind, mit dem ich Rügen erreichen
kann. Danach dreht es wieder auf West und ich habe gestern ja
gelernt, dass ich dem nichts entgegen zu setzen habe und hierbleiben
müsste; oder nach Schweden oder Polen fahren…
Deshalb
gehe ich auf Nummer Sicher. Ich starte drei Versuche, den Motor doch
abzuschalten, aber jedes mal verliere ich die Hälfte der
Geschwindigkeit und kann den Kurs nicht mehr halten. Ok. Motorsegeln
bis zur entscheidenden Wende und dann wird gesegelt. 11:30h die
entscheidende Wende Kurs 200° - ne. Mist! 180° zu knapp. Der Wind
dreht. Na gut dann kreuze ich halt. Wenigstens ist der Motor aus und
die Windfahne steuert. Mist! Nein tut sie nicht. Warum? Mist! Der
erste Verschleiß zeigt sich nach dem vielen Wind der letzten zwei
Tage. Eine Öse hat sich aufgebogen und die Schubstange ist ab.
Reparieren kann ich das erst im Hafen und so verbringe ich die
nächsten vier Stunden mit Steuern und einer Wende alle 30min. Der
Wind dreht immer weiter und um 14:30h hab ich die Schnauze voll.
Erstens werden wir immer langsamer und zweitens komme ich immer
weniger voran in meine Richtung. Um 14:30h schmeiße ich den Diesel
an und fahre die letzten 45min. In den Hafen nach Hasle.
Aufräumen,
dänische Kronen ausgeben, Essen Vorbereiten und ab in die Sauna. Da
wollte ich gestern schon so gerne rein. Um 9:00h geht die Sonne in
einem perfekten Szenario unter und ich bin versucht jetzt schon
auszulaufen, habe dann aber doch ein bisschen schiss und entscheide
mich einfach ganz früh aufzustehen.
Direkt neben mir wird im Hafenbecken "Kajak-Ball" oder "Paddel-Ball" gespielt
Ein wunderbarer, lauer Sommerabend...
...und die Illub ist klar zum Auslaufen...
...soll ich?!?
Nee, komm! Ich stell mir einen frühen Wecker.
video funktioniert nicht, evtl noch mal laden?
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