Das
Morgenrot ist verflogen – leider. Es sah nach so einem schönen Tag
aus dorch in zwischen ist alles grau. Ein letzter Flecken Blau
behauptet sich am Himmel im Nord-Osten. Es ist 8:00h und ich bin seit
fast drei Stunden auf dem Wasser; Kurs 60°, Speed 5kn, Welle 0,5m
Distanz bis zum nächsten Hafen 45sm. Heute ersegel ich mir meine
erste Hochseeinsel: Bornholm. 2015 habe ich aus logistischen Gründen
schon Helgoland ausgelassen und 2016 Bornholm aus ähnlichen Gründen.
Das Problem an Inseln, die weit draußen sind, ist ja, dass man auch
wieder zurück kommen möchte. Am besten termingerecht.
Ich
habe dieser Fahrt entgegengefiebert und bin auch etwas
eingeschüchtert gewesen. Im bessten Fall brauche ich 12h für den
Weg, wenn‘s etwas weniger gut läuft gleich 16h! Das ist auch so
eine Sache bei großen Distanzen: sinkt Dein Durchschnittstempo nur
ein bisschen, verlängert sich die Fahrtzeit dramatisch. Ich möchte
in jedem Fall vermeiden im Dunkeln, also nach 21:10h in den Hafen
einzulaufen. Um 5:30h bin ich losgekommen, also habe ich 16h Zeit mal
sehen ob es reicht.
Die
Fahrt will ich nutzen um mir die vergangene Woche noch einmal durch
den Kopf gehen zu lassen. Donnerstag vor einer Woche ist Simon an
Bord gekommen. Mein alter Freund und Musikerkollege ist lange Zeit
von der Bildfläche verschwunden – jedenfalls aus meiner Sicht. Um
so mehr freue ich mich mit Ihm eine Woche an Bord zu sein.
Wie
immer bevor mich Besuch erreicht räume ich auf und putze das Schiff,
gehe Einkaufen und versuche uns von der besten Seite zu präsentieren.
Besonders wenn es um Erstlingsbesucher geht. Um 19:00h fährt der Bus
vor und Simon steigt aus. Das fängt schon mal gut
an. Ich war etwas in Sorge weil ich von unterwegs nur eine letzte
Nachricht von Akkuversagen bekam und Simon nicht wusste wo die Marina
und die Illub zu finden wären. Aber alles besstens! Wir laufen zur
Marina und Simon bestaunt die Illub. Ich habe das
Auto-Prolleten-Spiel vom Dorf, wo ich herkomme, nie mitgespielt aber
so in etwa muss es wohl sein wenn die Freunde vorbei kommen und deinen neu aufgemotzten Wagen bestaunen. Voilá, Meine Segelyacht! :-)
Mit Leichtmatrose Simon von Heiligenhafen bis Glowe auf Rügen
Es gibt
Willkommensgetränke und dann ziehen wir los auf das Hafenfest. Ich
hatte mich auf den Gig von Jupiter Jones gefreut, weil ich die Single „Still“ damals so gut und aussagekräftig fand. Insgesamt war ich
von der Band dann aber enttäuscht. Vielleicht lag es aber auch
daran, dass wir nur das Finale und die Zugabe gesehen
haben, denn vorher gab es einfach noch zu viel catching up to do.
Simon hat die rare Eigenschaft, dass große Flächen und offenes Terrain ihn mulmig machen. Ich glaube eine ausgeprägte Agoraphobie ist das nicht aber es geht in die selbe Richtung. Als kleinen Auftakt und Vorgeschack fahren wir schon mal im Riesenrad um unsere Lage und den Hafen zu überblicken.
Am
Feitag ist es dann so weit. Wir machen unsere erste Fahrt. Mein
Kumpel Marco mit der Blue Phantom kommt um 6:00h von der Schicht und
ist ein wenig enttäuscht als wir schon aufbrechen wollen. Mir ist es
wichtig, da der Wind günstig steht und nicht zu doll ist und eine
ruhige Fahrt nach Osten wahrscheinlich ist. Gedser ist unser Ziel.
Insgesamt will ich, wenn möglich, schnell nach Bornholm da meine
Tante und mein Onkel dort Urlaub machen. Beide haben Segelerfahrungen
und ich fände es super mit den beiden mal eine Fahrt zu machen.
Wir
segeln los, die Stimmung ist gut, der Wind bläst und wir machen
zunächst auch Meter. Nach einigen Stunden muss ich aber einsehen,
dass Flaute Flaute ist und wir mit 37sm auch keine kleine Etappe
gewählt haben. Also schmeiß ich den Diesel an und wir Motoren die
Hälfte des Weges und sind nach 6 Stunden Geknatter mit dem letzten
Fitzel Tageslicht im Yachthafen Gedser.
Der Tag
war schön, wir haben viel geredet, geschwitzt und einen kleinen
Sonnenbrand bekommen – Urlaub :-)
Mit Skipper Marco kurz vor unserer Abfahrt
"Good Bye Illub" von der Blue Phantom
Unterwegs im Sonnenschein
...fest im Yachthafen Gedser
Am
anderen Morgen wollen wir direkt weiter. Der Wind steht gut, so das
wir um die Südspitze von Falster herum und die Küste entlang nach
Norden fahren können. Das nächste Ziel ist Hesnæs oder Klintholm,
je nach dem wie es läuft. Wir schlängel uns aus dem Hafen und um
den Fähranleger herum, immer weiter an die Ostküste. Der Wind steht
auf Ost bis Südost, plötzlich sind wir aus der Landabdeckung raus
und Wind und Wellen nehmen deutlich zu. Wir sind schnell, schaukeln
aber auch viel. Nach ein oder zwei Stunden ist es Simon dann zu viel
und er wird leider seekrank. Tapfer wie er ist, will er auf jeden
Fall weiter fahren und nicht umkehren. Ein Glück! Für mich ist
zurück fahren ja immer ein wenig schwer und außerdem haben wir
schon fast die Hälfte der Strecke geschafft. Simon verkriecht sich also unter
Deck und klammert sich wie ein Gecko an die Lee-Koje. Uns bleibt
nichts anderes übrig als durchzuziehen.
Während
Simon unter Deck leidet finde ich den Ritt hoch am Wind eigentlich
ganz gut; mir tut nur leid, dass man nichts beschleunigen oder mal
eben „rechts ranfahren“ kann. Drei Stunden später haben wir es
dann geschafft. Gegen 16:00h laufen wir unter Segel in das
Hafenbecken von Hæsnas. Obwohl ich mir viel Zeit nehme das Schiff
vor zu bereiten gelingt erst der vierte Anleger. Mal treffe ich den
Poller nicht, mal treffe ich aber der Wind drückt die Illub wieder
weg vom Steg oder der Einfahtswinkel stimmt von vorn herein nicht.
Schließlich sind wir fest und Simon erholt sich mit den ersten
Schritten an Land ganz schnell wieder.
Die
Weiterfahrt wird für den übernächsten Tag angesetzt, so dass
bestimmt genügend Erholungszeit gegeben ist. Außerdem regnet es in
einem durch. Trotzdem machen wir ein Spaziergang, gehen im Meer baden
und erleben einen Outdoor-Gottedienst in Gewandung, mit Streicher
Trio nebst Sängerin. Abgerundet wird der Tag mit fantastischen
Naturdokumentationen aus dem Laptop. So ein Schiff ist auch im Regen
urgemütlich!
Sportliches Segeln hoch am Wind...
...das Wetter wird langsam ruppiger...
...Zeit für Regensachen...
...die bewährte Geckohaltung. Man beachte den Winkel hängender Gegenstände im Hintergrund.
Geschafft! Unser gemütliches kleines zu Hause. Meine selbstgebaute Kuchenbude erfüllt ihren Dienst großartig, nur Fenster möchte ich noch einnähen.
Hafentag in Hesæs.
14 Meilen bis Klintholm. Frohen Mutes und mit gutem Wetter laufen wir
aus nach Klintholm. Mich beschäftigen mein Onkel und meine Tante,
die gerade Ferien auf Bornholm machen. Zu gerne würde ich die Insel
erreichen und ein Treffen, vielleicht sogar eine kleine Ausfahrt
arrangieren. Die Vorhersage für den Wind lässt jedoch arge Zweifel
aufkommen. Morgen soll es kräftig blasen… Heute ist jedenfalls
heute und ein sonniger Tag beginnt. Simon geht es sehr gut und wir
sitzen mit unserem Morgenkaffe auf dem Vorschiff und fahren in die Morgensonne. Leider zieht bald Nebel auf, so dass es frisch wird und man
konstant Ausguck nach anderen Schiffen halten muss. Entfernungen sind
auf dem Wasser schwer einzuschätzen, ich denke die Sicht war
teilweise nur bis 50m möglich. Hier zeigt sich Simon in seiner
seemännischsten Art und geht Wache. Er macht seine Sache so gut,
dass ich jedesmal fast einen Herzinfarkt bekomme, wenn andere Schiffe
in Sicht kommen. Egal ob unsere Kurse nicht im entferntesten eine
Kollision ergeben könnten, Simon gibt jede Schiffsichtung mit
rasender Geschwindigkeint und absoluter Dringlichkeit an.
Wir
erreichen Klintholm sicher ohne Kollision im Nebel und sind gegen14:00h fest. An diesem
Ort kommen das erste mal Feriengefühe für die gesamte Crew auf. Es
ist sonnig und warm. Der Ort ist winzig und besteht im Grunde aus dem
Hafen und einer Feriensiedlung nebst Supermarkt und ein paar
Restaurants. Wir erkunden die Gegend, kaufen etwas ein und schwimmen
im Meer.
Der
nächste Tag hält viel Regen für uns bereit und wir philosophieren
und chillen auf der Illub. Irgenwann beschließen wir doch einen
Runde spazieren zu gehen, was sich, trotz Regen, zu einer
ausgewachsenen Wanderung ausdehnt. Die Challenge, in einer Stunde noch
den Mons Klintholm zu erlimmen, wird nach knapp 10km Wanderung durch
den Regen wegen Hunger einfach ignoriert.
Der
Wind hat nachgelassen und kommt aus dem Westen. Ideal für eine Fahrt
nach Osten. Leider ist die See ein vortrefflicher Energiespeicher.
Nicht nur Wärme, sondern auch kinetische Energie in Form von Wellen,
die der Wind aufgetürmt hat, werden gespeichert. Deshalb ist zwar
das Wetter super für uns, aber fahren können wir nicht wenn die
Crew gesund bleiben soll. Wir vergnügen uns mit Arbeiten am der
Illub: Holzteile Schleifen, Windfahne schmieren, Putzen, Wasser und
Diesel Tanken und diverse Kleinigkeiten.
Endlich! Endlich können wir weiterfahren. Ich habe immer noch meine Verwandten im Kopf, die Urlaub auf Bornholm machen. Es wäre so schön sie noch zu erreichen und vielleicht eine kleine Ausfahrt zu machen, erstens sind die Beiden auch Segler und zweitens bin ich so stolz auf mein Schiffchen, das ich ihnen gerne mal präsentieren möchte…
37sm bis Glowe. Wir Fahren zeitig raus und setzen die Segel. Simon geht es gut und wir haben perfekte Bedingungen. Leichte Winde und stilles Wasser. Es wird eine philosophische Fahrt, die wir beide sehr genießen. Die zwölf Stunden auf dem Wasser vergehen schnell und ohne nennenswerte Ereignisse. Einmal weiß ich nicht so recht ob wir auf Kollisionskurs mit einem Frachter sind, doch es stellt sich raus, das ich mal wieder weit gefehlt habe. Winkel, Geschwindigkeiten und Entfernungen von Schiffen auf dem Wasser abzuschätzen bleibt extrem schwer. Es fehlen Bezugspunkte und für eine andauernde Beobachtung geht alles zu langsam.
Simon wird immer mutiger und steuert die Illub ums Kap Arcona! ...jedenfalls ein Stückchen des Weges ;-) Unser Anleger in Glowe ist auch schon fast souverän; wir sind jetzt eine richtige Crew! Schade, dass es Simons letzter Hafen ist. Von hier aus breche ich auf nach Bornholm und Simon hätte es immer schwerer nach Hause zurück zu kehren.
Kap Arkona
Leichtmatrose Simon an der Pinne
Glowe
Ein Tag und eine Etappe gehen zu Ende.
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